Der groessere AF-Sensor ist so gross, dass er bei f/5.6 nur zum Teil Licht abbekommt, erst bei f/2.8 oder besser gibt's genug "Pfade" dass er voll zum tragen kommt. Wenn aber die Blende noch groesser ist, dann hilft das nicht mehr, weil der AF-Sensor selbst eben nicht noch groesser ist; wenn du durch zwei Loecher hintereinander guckst dann entscheidet halt das kleinere wie viel du siehst...
Das würde heißen, erst wenn der AF-Sensor noch viel grösser wäre, würde man bis Blende 1.0 hochgenau fokussieren können. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass physikalisch gesehen es NIE möglich sein wird, dass der AF-Sensor in der Mitte noch kleiner wird (damit er wirklich nur die Augen scharf stellt und nicht die Nase beachet) und er gleichzeitig Blende 1.4 oder besser beherrscht (damit die Fehlfokussierung dementsprechend genauer werden würde) ?
Die 1D und 1Ds haben sogar noch einen kleineren AF-Punkt in der Mitte fuer f/8 damit die auch bei so lichtschwachen Objektiven (z.B. Tele plus Extender) noch einen AF hinbekommen wo alle anderen nur noch MF bleibt.
Hier kam es doch zu einigen Missverstaendnissen, die ich mal versuchen will aufzuraeumen.
Zunaechst mal stimmt es, dass der AF nicht direkt von hochlichtstarken FBs profitiert. D.h. vergleicht man z.B. eine f/2.8 mit einer f/1.4 Optik, bekommt der AF-Sensor bei beiden Linsen gleich viel Licht ab. Das Maerchen, der AF bekaeme mit hochlichtstarken FBs mehr Licht und koenne auch in schummrigen Lichtsituationen noch besser funktionieren haelt sich zwar immer noch sehr vehement, ich sehe aber, dass meine Predigten (und die einiger anderer User hier) doch langsam zum Forum durchdringen.
Zuerst sind die Groesse des AF-Sensorfeldes und die Praezision voneinander unabhaengig. Es wird fuer den AF zwar leichter, den Phasenversatz fuer einen kleinen Sensor zu bestimmen, gleichzeitig laeuft man auch weniger Gefahr, aus Versehen auf ein anderes Objekt, was sich auch zufellig im Bereich des AF-Sensorsbefindet, scharf zu stellen; auf der anderen Seite wird aber so das "zielen" auf ein Objekt schwieriger, wenn das AF-Feld sehr klein ist. Zu beachten ist hierbei auch die endliche Toleranz der Position der AF-Felder, die gerne mal minimal neben den im Sucher angezeigten Punkten zum Liegen kommen. So koennte man schnell systematisch etwas neben das Objekt der Begierde zielen und somit ein ungewolltes Objekt treffen.
Kommen wir nun zur Frage Genauigkeit (Praezision) vs. Empfindlichkeit (Sensitivitaet). Hier muss man sich zunaechst klar machen, wie so ein Phasenversatz-AF-Sensor funktioniert.
Genaugenommen besteht jeder AF-Punkt aus zwei AF-Sensoren, die durch unterschiedliche Blendenbereiche entgegengesetzt zum Zentrum der Blendenoeffung (Apertur) "sehen". Dabei ist es auch nicht so, dass ein groesserer AF-Sensor bei f/5.6 etwas Licht bekommt, und bei f/2.8 dann viel Licht. Vielmehr gilt die Regel "Alles oder Nichts". D.h. liegt der Aperturbereich innerhalb der wirksamen Apertur, so bekommt ein Sensor Licht zum Arbeiten, liegt er ausserhalb, bekommt er keines. Will ich z.B. die Vorzuege der grossen Blendenoeffnung (Apertur) meiner f/1.4-FB auch dem AF zugaenglich machen, funktioniert dieser eben schon nicht mehr mit einer f/1.8-Optik. Der Effekt ist der gleiche wie bei einer Schnittbildmattscheibe, was z.B. bei einer alten Vollmanuellen SLR experimentell sehr gut nachvollziehbar ist. Wenn ich Schritt fuer Schritt abblende, bleibt das Schnittbild immer gleich hell! Erst wenn ich eine bestimmte Blende ueberschreite, wird schlagartig das Schnittbild komplett schwarz (meist zunaechst eine Seite, da sich durch einen etwas schraegen Einblickwinkel in den Sucher auch der effektive Winkel der beiden Schnittbildkeile etwas zueinander verschiebt).
Betrachtet man nun die Praezision, so ist diese um so groesser, je weiter aussen der Aperturbereich ist, durch den der AF-Sensor sieht. Das bedeutet aber, dass ich einen hochpraezisen (NICHT zu verwechseln mit hochempfindlich!) AF-Sensor aber nur mit lichtstarken Objektiven verwenden kann, da der weit aussen liegende Aperturbereich des AF-Sensors ja noch in der wirksamen Apertur des Objektivs liegen muss. Verwende ich ein zu lichtschwaches Objektiv, dann sieht der hochpraezise Sensor schwarz. Ein weiter Trick, mit dem ich die Praezision erhoehen kann, ist die Groesse der AF-Apertur zu verringern. Der Effekt ist der selbe wie beim Abblenden: Objekte, die ausserhalb der Fokusebene liegen werden schaerfe abgebildet, so dass der AF genauer den Phasenversatz bestimmen kann. Gleichzeitig sinkt aber die Helligkeit, die auf den AF-Sensor trifft, d.h. die Empfindlichkeit sinkt, da der Blendenbereich ja kleiner ist! Hier sehen wir, dass bei gegebener Grenzblende des AF-Sensors (die Blende, ab der der AF-kein Licht mehr bekommt), Empfindlichkeit und Genauigkeit GEGENLAEUFIG sind! Mit einfachen Worten: Will ich einen AF, der auch im stockdunkeln noch (einigermassen) funktioniert, darf ich mich nicht ueber statistischen Fehlfokus und haeufiges "Pumpen" beschweren. Will ich andersherum einen sehr praezisen AF ohne Aussreisser perfekt auf die Augen, wird der, sobald es etwas schummrig wird nur noch ziellos hin- und herfahren.
Um diese Grundbedingungen in einen bestmoeglichen Kompromiss aus Empfindlichkeit und Genauigkeit zu packen, verwendet Canon haeufig beim zentralen AF-Sensor folgenden Trick: Es gibt zwei unabhaengige AF-Sensoren, einer mit einer Grenzblende von f/5.6 und einer mit einer Grenzblende von f/2.8. Verwende ich eine Optik mit Offenblende f/3.5-f/5.6, so wird nur der ungenauere AF-Sensor verwendet; bei einer Optik mit f/2.8 oder besser, wird der genauere hinzugeschaltet. Ab dann ist es aber egal, ob die Optik f/2.8 oder f/1.0 hat; Empfindlichkeit und Genauigkeit werden davon nicht direkt beeinflusst.
Ich hoffe, dass es der ein oder andere bis hierher geschafft hat. Ich habe versucht, es so verstaendlich wie moeglich zu schreiben, und trotzdem so exakt wie moeglich. Vielleicht konnte ich ja einige Missverstaendniss ausraeumen...
