15. Blende
15. Blende (zur Lichtstärke)
Die Blende, bei den derzeitigen DSLR-Systemen im Objektiv platziert, bestimmt die auf einen Lichtpunkt fokussierte Lichtmenge und bietet eine Beeinflussungsmöglichkeit für die Tiefenschärfe. Aufgrund ersteren Zusammenhangs wird der kleinst mögliche Blendewert meist mit der Lichtstärke gleichgesetzt. Dies stimmt jedoch nur bedingt und ist auch wiederum auf eine Vereinfachung ähnlich der beim Bildwinkel zurückzuführen.
Es hat sich eingebürgert, die Blende als Blendenwert BW anzugeben, der der Quotient aus Brennweite f und Blendendurchmesser (bzw. genauer dem Durchmesser der Eintrittspupille, also dem durchmesser der Blende, wie man sie von vorne in das Objektiv blickend sieht!) z ist: BW=f/z
Wird die Blende also größer, so wird der Blendenwert geringer. Dies führt oftmals zu Komplikationen im Sprachgebrauch, im folgenden wird ein größerer Blendenwert als kleinere Blende und umgekehrt bezeichnet werden. Bei einem ansteigen des Blendenwertes von 2.8 auf 4.0 werden wir also von einer Verkleinerung der Blende sprechen.
Verwendet wird der Blendenwert primär zur Belichtungssteuerung (Bild 24). Hier ist der Strahlengang für einen Bildpunkt eingezeichnet, jeweils einmal bei geöffneter (grün) und bei geschlossener (rot) Blende. Vom Motivpunkt auf der rechten Seite aus wird in alle Richtungen Licht reflektiert. Auf den Sensor fokussiert wird jedoch nur das Licht, welches durch die Blende fällt. Also bei offener Blende das Licht zwischen den grünen Linien, bei geschlossener Blende das Licht zwischen den roten Linien. Bei offener Blende wird also mehr Licht auf jeden Bildpunkt abgebildet als bei geschlossener.
Als Blendenwert gibt man wie gesagt den Quotienten aus Brennweite und Durchmesser der Blende an BW=f/z. Da der Lichtdurchtritt durch die Blende aber nicht nur in einer Dimension erfolgt sondern flächig, stehen die durchgelassene Lichtmenge und der Durchmesser der Blende (und somit auch der Blendenwert) nicht in einem linearen Zusammenhang.
Zum jeweiligen Blendendurchmesser läßt sich die zugehörige Blendenfläche berechnen nach A=pi*radius²=pi*(z/2)²=pi*z²/4. Eine verdopplung des Durchmessers um den Faktor zwei - oder gleichbedeutend eine Verkleinerung des Blendenwertes um den Faktor 2 bedeutet also eine vervierfachung der Lichtmenge! Eine verdopplung der Lichtmenge wird erzielt, wenn man den Blendendurchmesser um den Faktor 1,4 (Wurzel 2) vergrößert.
Aus diesen Zusammenhängen läßt sich die klassische (gerundete!) Blendenwertreihe aufstellen, bei der zwischen jedem Schritt sich die Lichtmenge jeweils halbiert:
1.0->1.4->2.0->2.8->4.0->5.6->8.0->11.0->16.0->22.0->32.0
Aus diesem Blendenwert BW, der Film/Sensorempfindlichkeit ISO und der Belichtungszeit t läßt sich dann die Belichtung bestimmen. Dies ist zunächst insofern erstaunlich, daß man bei gleicher Empfindlichkeit, gleicher Belichtungszeit und gleichem Blendenwert bei allen Brennweiten die gleiche Belichtung erwartet - unabhängig von der Brennweite, obwohl doch im Blendenwert noch die Brennweite enthalten ist. Bei doppelt so großer Brennweite ist schließlich bei gleichem Blendenwert die Blendenöffnung entsprechnd 4mal so groß, also sollte doch auch 4mal soviel Licht auf den Sensor fallen und demnach die Belichtung eine andere sein?!
Dem ist jedoch nicht so, was wir vereinfacht für ein Motiv in großer Entfernung nachvollziehen möchten.
Ein Motivdetailt hat eine gewisse Ausdehnung und strahlt eine bestimmte Menge Licht (Photonen) M pro Fläche ab.
Diese Menge an Photonen wird nun auf den Sensor/Film fokussiert und nimmt dort auch eine Ausdehnung ein. Das Verhältnis der beiden Ausdehnungen von Motiv- und Bildpunkt legt der schon diskutierte Abbildungsmaßstab fest (der dafür jedoch aufgrund der nun räumlichen Betrachtung quadriert werden muß). Ist nun die Brennweite höher, so ist auch der Abbildungsmaßstab höher, die Lichtmenge wird also auf eine größere Ausdehnung fokussiert.
Sprich: Bei doppelter Brennweite verdoppelt sich der Abbildungsmaßstab, die Fläche auf der die Photonen eines Details eintreffen vervierfacht sich, die Durchgelassene Lichtmenge muß also für die gleiche Belichtung ebenfalls vervierfacht werden, der Blendendurchmesser muß also verdoppelt werden. Da nun Brennweite wie Blendendurchmesser verdoppelt werden, bleibt der Blendenwert als solcher (also das Verhältnis zwischen Durchmesser und Brennweite) gleich.
Der Teufel liegt hier aber im Detail, und gerade Makrofotografen werden ihn kennen, denn schon die erste Annahme ist falsch. Bei doppelter Brennweite verdoppelt sich der Abbildungsmaßstab nicht! Bzw. allgemein: Es besteht kein antiproportionaler Zusammenhang zwischen Abbildungsmaßstab und Brennweite.
Wir erinnern uns an die Gleichung für den Abbildungsmaßstab:
V = f/(g
-f)
Ist die Motiventfernung g sehr sehr viel größer als die Brennweite f, dann kann der rote Term vernachlässigt werden, und es besteht näherungsweise ein antiproportionaler Zusammenhang zwischen Abbildungsmaßstab und Brennweite: V=f/g.
Ist f dagegen relativ groß gegenüber g besteht keine Proportionalität, also bei relativ großen Abbildungsmaßstäben. Hier mal ein Rechenbeispiel bei einer Motiventfernung von 1000mm:
Code:
f = 12,5mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:79
f = 25 mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:39
f = 50 mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:19
f = 100 mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:9
f = 200 mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:4
f = 400 mm; g = 1000mm -> Maßstab 1:1,5
f = 800 mm; g = 1000mm -> Maßstab 4:1
Im Fernbereich und Mittelbereich kann man die Proportionalität zwischen Abbildungsmaßstab und Brennweite also durchaus annehmen im Nahbereich nicht.
Somit ist aber auch der Blendenwert als Maßstab für die Lichtstärke ausschließlich im Mittel und Fernbereich zu gebrauchen, im Nahbereich muß er entsprechend korrigiert werden. Anhand des obigen Beispiels:
Die verdopllung der Brennweite von 100 auf 200mm hat nicht nur zu einer Verdopplung des Abbildungsmaßstabs geführt, sondern zu einer Vergrößerung um den Faktor 2,25. Es muß also entsprechend länger Belichtet werden oder die Blende muß weiter geöffnet und kann nicht beibehalten werden. Je stärker man in den Makrobereich eindringt, desto wichtiger wird diese Korrektur. Manche Makroobjektive geben in Kombination mit der Kamera auch schon den korrigierten Blendenwert aus ... z.B. bei Nikon ist dies meiner Kenntnis nach der Fall.
Ganz unproblematisch ist dies jedoch nicht, denn im Grunde versucht man das Problem von der falschen Seite anzugehen. Am Blendenwert ändert sich ja nichts, dieser bleibt weiterhin als Brennweite/Blendendurchmesser beim alten Wert bestehen, lediglich seine Aussagekraft bezüglich der Belichtung geht verloren. Sinnvoller wäre also eher, den korrekten (unkorrigierten) Blendenwert anzuzeigen und gleichzeitig den entsprechenden Korrekturfaktor für die Belichtung einzublenden.
Die Bedeutung diese Korrektur ist heute relativ gering, da die Belichtung meist durch die Optik gemessen wird, der Belichtungssensor als schon den proportional stärkeren Anstieg des Abbildungsmaßstabs im Nah, Makro- und Mikrobereich "am eigenen Leib" erfährt und selbst schon die reduzierte Lichtmenge mißt. Wichtig ist es jedoch sobald man mit externen Belichtungsmessern arbeitet oder aber ein spezielles Foto mit Belichtungszeit und Blendenwert förmlich "plant".