Aus gegebenen Anlass möchte ich hier einen weiteren Testbericht zum Sigma 50-500 OS HSM in dieses Thema hier aufnehmen. Zwar handelt
dieser Bericht auf "lensrentals" eigentlich vom neuen Tamron 150-600 VC USD, aber da dort, neben dem Canon 100-400 IS USM und dem älteren Tamron 200-500, auch das Sigma 50-500 OS HSM mitgetestet wurde (und damit alle aktuellen Telezooms in dieser Preisklasse beinhaltet), möchte ich diesen Bericht hier nicht unerwähnt lassen.
Auflösung
Hauptsächlich geht es in dem Bericht um die optische Auflösung der vier Objektive im Vergleich zueinander, weswegen ich die Ergebnisse hier als erstes in der nachfolgenden Tabelle zusammenfasse. Da ich selbst aber aus Erfahrung weiß, dass das Sigma (und angeblich auch das Tamron 150-600) am langen Brennweitenende leicht abgeblendet noch einmal ein gutes Stück an Auflösung hinzugewinnt, habe ich die Werte bis F8.0 noch anhand anderer Testergebnisse im jeweiligen Verhältnis umgerechnet.
Code:
Canon 100-400 Sigma 50-500 Tamron 150-600
--------------------------------------------------------------
200mm F 5.0 10.0/8 -/- 9.0/7.5
200mm F 5.6 10.0/8.5 10.0/8.0 10.0/8.0
400mm F 5.6 9.5/8.5 -/- 9.5/8.5
400mm F 6.3 10.0/8.5 8.0/6.5 10.0/8.5
400mm F 7.1 10.0/8.5* 9.5/7.5* 10.0/8.5**
400mm F 8.0 9.5/8.5* 10.0/8.0* 10.0/8.5**
500mm F 6.3 -/- 8.0/6.5* 9.0/8.0
500mm F 7.1 -/- 9.5/7.5* 9.5/8.5**
500mm F 8.0 -/- 10.0/8.0* 10.0/8.5**
600mm F 6.3 -/- -/- 7.0/6.0
600mm F 7.1 -/- -/- 9.0/7.5**
600mm F 8.0 -/- -/- 9.5/8.5**
Legende: Auflösung Bildzentrum/Mittelwert
* = umgerechnet Anhand der Testergebnisse von Lenstip.com
** = geschätzt Anhand eines Testberichtes (http://dustinabbott.net/2014/01/tamron-sp-150-600mm-f5-6-3-di-vc-usd-review/)
Für alle diejenigen, welche nur die reine optische Auflösung interessiert, können hier nun mit dem Lesen aufhören und das Tamron 150-600 VC USD als persönlichen Sieger kühren.
Für alle anderen habe ich hier ein Zitat des Testers, welches zumindest mit teilweise aus dem Herzen spricht.
My summary would be that the selection between a Tamron 150-600, Canon 100-400 IS, and Sigma 50-500 OS should be made on criteria other than MTF 50. There are some minor differences in resolution, but nothing that makes one clearly better than another. Price, weight, autofocus accuracy, effectiveness of vibration compensation, and a number of other factors (did I mention price?) are more important considerations when choosing among these lenses.
Grob übersetzt heißt es in dem Zitat, dass die optischen Unterschiede zwischen den drei Objektiven so gering sind, so dass man die persönliche Auswahl anhand anderer Kriterien treffen sollte. Und genau das möchte ich hier jetzt einfach mal machen.
Lichtstärke
Weil es noch recht gut zu der Tabelle oben passt, gibt es hier ersteinmal noch die Lichtstärkentabelle.
Code:
Canon 100-400 Sigma 50-500 Tamron 150-600
--------------------------------------------------------------
F 4.5 bis 135 mm* 52 mm ---
F 5.0 bis 250 mm 100 mm 225 mm
F 5.6 bis 400 mm 200 mm 410 mm
F 6.3 bis --- 500 mm 600 mm
* = keine genaue Angaben gefunden
Wie man sieht, gibt es zwischen dem Tamron und dem Canon im Prinzip keine Unterschiede. Lediglich das Sigma ist im Schnitt 1/3-Blende lichtschwächer als die beiden anderen Kongurenten. Aber ob nun die 1/3 Blende in der Praxis wirklich den Unterschied macht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich für meinen Teil finde den Unterschied nicht sehr relewandt, da ich dies entweder in den meisten Fällen mit dem ISO-Wert oder dem OS-Bildstabilisator des Sigmas ausgleichen kann.
Brennweite
Ein gern zitierter Satz aus der (Wilelife-)Tierfotografie ist, dass man nie genug Brennweite haben kann. Und ich selbst kenne das Gefühl, noch näher hernzoomen zu wollen, nur zu gut von mir selbst. Was man aber bei den Brennweitenangaben gerne übersieht ist, dass 100mm mehr manchmal viel mehr und manchmal nur ein klein wenig mehr sein kann. Um dies relativ einfach zu verdeutlichen, habe ich mal zwei meiner Bilder auf die Weise bearbeitet, so dass man die verschiedenen Brennweiten mal auf einen Blick sehen kann. Zunächst einmal für den End-Brennweitenbereich von 300mm bis 600mm
Wie man hier gut sehen kann, wird die subjetive Vergrößerung des Bildes bei gleichbleibender Verlängerung der Brennweite (hier jeweils 100mm) immer geringer, je mehr Brennweite man insgesamt hat. Um den Vergrößerungsfaktor daher bessser beurteilen zu können, habe ich es mir selbst angewöhnt die Brennweite immer relativ zu einer anderen Brennweite zu betrachten. So sind z.B. 400mm im Vergleich zu 300mm immerhin noch 33% mehr und 600mm im Vergleich zu 500mm gerade mal noch 20% mehr (umgangsprachlich "mehr zoom").
Die Frage, welche man sich bei einem Neukauf also stellen sollte ist, wieviel Brennweite brauche ich wirklich, bzw. lohnt es sich nur für ein paar Millimeter mehr Brennweite ein neues (und in der Regel auch teureres und schwereres) Teleobjektiv zu kaufen.
Auf der anderen Seite des Brennweitenbereiches sieht die Sache allerdings ganz anders aus...
Hier beträgt der Unterschied zwischen 150mm und 50mm sehr deutlich erkennbare 300%! Und da ich selbst im Vergleich zum Canon mit meinem Sigma wenn nötig viermal (2.0 im Quadrat) so viel Inhalt auf ein Foto bekommen kann, werde zumindest ich auch weiterhin bei meinem Sigma 50-500 OS bleiben.
Bildstabilisierung
Da ich selbst nur das Sigma besitze und das Canon lediglich einmal kurz im Elektromarkt an meiner Kamera hatte, bewege ich mich hier auf relativ dünnem Eis. Denn eigentlich kann ich hier nur weitergeben, was man hier im Forum und in Testberichten so über die Effektivität der Stabilisierungssysteme liest. Generell kann man jedoch sagen, dass die Stabilisierung eines Bildes mit zunehmender Brennweite immer schwiriger wird, da selbst kleinste Bewegungen des Fotografen erkannt und ausgeglichen, sowie auch die Ausgleichung selber wesentlich feiner erfolgen muss. Nicht wirklich einfacher wird dieses Thema dann zusätzlich dadurch, dass die verschiedenen Hersteller die Effektivität ihrer Systeme auch unterschiedlich einschätzen. Bei Canon z.B. habe ich aus meiner Erfahrung heraus eher das Gefühl, dass die Angaben leicht pessimistisch und bei Sigma leicht zu positiv sind. Zumindest genieße ich die angegebenen 4-Blendenstufen durch den Sigma-OS bei 500mm sehr vorsichtig. Meine persönliche Einschätzung wäre daher:
Code:
Canon 100-400 Sigma 50-500 Tamron 150-600
--------------------------------------------------------------
laut Hersteller 2 Stufen 4 Stufen 4 Stufen
pers. Schätzung 2-3 Stufen 3-4 Stufen 4 Stufen
(jeweils bei der Endbrennweite)
Größe und Gewicht
Bei diesem Thema kann man ganz klar die Fakten sprechen lassen.
Code:
Canon 100-400 IS USM : 1380 g
Tamron 150-600 VC USD : 1951 g
Sigma 50-500 OS HSM : 1970 g
und zum Vergleich:
Canon 55-250 IS STM : 375 g
Sigma 50-200 OS HSM : 420 g
Tamron 70-300 VC USD : 765 g
Für mich persönlich sind die 2 kg meines Sigma auch einen ganzen Tag lang gut und bequem tragbar. Besonders auch deswegen, weil ich die große Stativschelle in den Beckengurt meines Fotorucksacks stecken kann, um so meine Hände frei zu haben. Falls es aber doch westenlich weniger Gewicht sein sollte, so sollte man sich eher darüber Gedanken machen ob man nicht auch mit 300mm Brennweite auskommt.
Naheinstelldistanz
Meiner Meinung nach und besonders gerne von DSLR-Einsteigern unterschätzt wird die Sache mit der Naheinstelldistanz. Vorallem wenn man zuvor mit einer normalen kompakten Digitalkamera fotografiert hat, welche auch wenige Zentimeter vor dem Objektiv noch scharfstellen kann. Das dies bei Tele(zoom)objektiven im DSLR-Bereich ganz anders aussieht, sollte man sich mit Hilfe der folgenden Tablle einmal in Ruhe verdeutlichen.
Code:
Sigma 50-500 OS HSM : 0.5 m (0.6 m bei 200mm, 1.8 m bei 500mm)
Canon 100-400 IS USM : 1.8 m
Tamron 150-600 VC USD : 2.7 m
Für die reine Wildlife-Fotografie draussen im Wald und auf dem Feld stellen selbst 3-5 m kein Problem dar, da man an wilde Tiere ja sowieso nicht näher herankommt.
Im Tierpark allerdings kommt es dann unter umständen schon darauf an. Bei wilden Raubtieren wird man in der Regel auch nicht näher als 3 m herankommen. Bei zahmen Meerschweinchen oder gefüttertem Dammwild allerdings, kann das schon ganz anders aussehen.
Im Zoo kommt man dann aber nicht selten, besonders durch die Glasscheibentrennung der Gehegen, bis auf unter 1-2 m an die Tiere heran. Und nicht immer kann man dort mal eben zwei drei Schritte zurückgehen ohne plötzlich ein halbes duzend anderer Zoobesucher vor der Kamera zu haben (besonders wenn es in dem Gehege süße Jungtiere gibt). Aber genau das, nämlich die Tatsache wegen dem Fokus nicht fotografieren zu können, macht dann den Unterschied aus zwischen einem Foto haben oder nicht haben.
Besonders bei dem Sigma, welches ja schon selbst 22-31 cm lang ist, kann man noch bis zu 30 cm vor der ersten Frontlinse am Objektiv Fotos machen!
Macro / maximaler Abbildungsmaßstab
Ein weiterer Nebenaspekt eines Telezoomobjektivs ist dessen Macrofähigkeit. Besonders Fotografen, welche kein spezielles Macroobjektiv besitzen, versuchen gerne ihre Telezoomobjektive für diese (zwar selten, aber dennoch vorkommende) Motive einzusetzen. Hier herrscht, besonders unter noch unbedarften Einsteigern, die Annahme, dass man mit mehr Brennweite auch hier "näher" ran kommt. Zumindest erging es mir selbst so, bis ich mich einmal mit dem Thema etwas beschäftigt habe und dabei über den Begriff "Abbildungsmaßstab" gestolpert bin. Denn dieser bestimmt, wie "nah" oder "groß" ich ein kleines Motiv (z.B. Biene, Blüten, etc.) überhaupt aufnehmen kann. Unabhängig von der Größe des Sensors in der Kamera (KB: 36mm, APS-C: 22.5mm) sagt dieser aus, mit welchem Maßstab ich maximal ein Motiv fotografieren kann. Bei einem echten 1:2 Macroobjektiv kann ich also mit einer Canon 5D (KB-Sensor, 36mm) gerade noch ein 72 mm breites Motiv sensorausfüllend fotografieren. Mit einer Canon 700D (APS-C-Sensor, 22.5mm) entsprechend noch ein 45 mm breites Motiv.
Code:
Sigma 50-500 OS HSM : 1:3.1 (bei 200mm und 0.6m)
: 1:4.5 (bei 500mm und 1.8m)
Canon 100-400 IS USM : 1:5.0 (bei 400mm und 1.8m)
Tamron 150-600 VC USD : 1:5.0 (bei 600mm und 2.7m)
Wie man an dieser Tabelle sieht, kommt man mit dem Sigma fast doppelt so nah an kleine Motive wie Blüten ober Insekten ran. Oder anders ausgedrückt, kann ich mit meiner Canon 60D und dem Sigma gerade noch 7 cm formatfüllend aufnehmen. Mit dem Tamron oder Canon wären hingegen nur 11.3 cm maximal möglich.
Mein persönliches Fazit
Schon damals 2011, als ich mir das Sigma 50-500 OS HSM zugelegt habe, habe ich es sehr intensiv mit dem Canon 100-400 IS USM verglichen. Ausschlaggebend damals waren für mich die 500mm Endbrennweite (würde ich heute nicht mehr so stark gewichten), die 50mm Anfangsbrennweite (hatte mit dem Sigma 120-400 in dem Bereich Probleme), der bessere OS (4 Stufen statt 2 Stufen) und letztendlich auch die schwarze Farbe (finde das grau-weiß nicht so dolle). Als dann nun Anfang 2014 das Tamron 150-600 auf den Markt kam, habe auch ich mir für einen Augenblick überlegt umzusteigen. Aus meiner mittlerweile gesammelten persönlichen Erfahrung weiß ich, dass ich mit der Anfangsbrennweite von 150mm vielleicht noch zurechtgekommen wäre, da ich ja noch mittlerweile noch das 70-200 habe. Aber spätestens die 2.7 m Naheinstellgrenze ist für mich in meinem am häufigsten besuchten Zoo ein "no go". Von daher lebe ich mit der 5-10% schlechteren Bildqualität in der 100% Pixelansicht unter kritischen Bedingungen und genieße dafür die tolle Flexibilität, welche mir das Sigma bietet.