Ich hoffe, das wird jetzt nicht allzusehr technisch und evtl. offtopic, aber mich hat mal interessiert, wieviele Tonwerte wirklich in der Verarbeitungskette Arbeitsfarbraum -> Monitorfarbraum -> LUT verloren gehen, und zwar abhängig vom Gamma des Arbeitsfarbraums und des Monitorfarbraums (= Kalibrierungsziel).
Dazu habe ich ein kleines Simulationsprogramm geschrieben, was mit den beiden Eingabeparametern (Arbeits-Gamma und Kalibrierungsziel-Gamma) diese Verarbeitungskette simuliert und zählt, wieviele verschiedene Tonwerte am Ende, also physikalisch am Monitor, herauskommen. Eventuelle LUTs im Monitor werden dabei nicht berücksichtigt und es wird angenommen, dass die Umwandlung Arbeitsfarbraum -> Monitorfarbraum in 8 Bit Auflösung geschieht und dass auch die Grafikkarten-LUT einen 8-Bit-Ein- und Ausgang hat, und dass der Monitor ein perfektes Gamma von 2,2 hat (und mit einem perfekten Messgerät ausgemessen wird).
Dabei ist folgendes herausgekommen:
Code:
| Kalibrierungsziel |
Arbeitsfarbraum | 1,8 | 2,2 | sRGB |
-----------------+-------------------+
ProPhoto (1,8) | 237 | 237 | 229 |
AdobeRGB (2,2) | 237 | 256 | 246 *)|
sRGB | 220 | 246 | 246 |
Logischerweise ist ein Kalibrierungsziel gleich Monitor-Gamma in Kombination mit dem gleichen Arbeitsfarbraum-Gamma perfekt (d.h. alle 256 Tonwerte bleiben erhalten). Alle anderen Kombinationen verlieren mehr oder weniger stark an Tonwertumfang, besonders schlecht schneidet ein sRGB-Arbeitsfarbraum bei Kalibrierungsziel 1.8 ab. Interessanterweise ist es beim Prophoto-Arbeitsfarbraum völlig egal, ob man für das Kalibrierungsziel 1,8 oder 2,2 benutzt - das Verhalten scheint "symmetrisch" zu sein, d.h. die Umwandlungsverluste treten genauso entweder am LUT-Eingang (wegen der Tonwertkonvertierung in der Anwendung bei Kalibrierungsziel 2,2) oder am LUT-Ausgang (wegen der stark verbogenen LUT-Kurve bei Kalibrierungsziel 1,8) auf.
Eine Besonderheit zeigt sich noch bei der mit *) gekennzeichneten Kombination Arbeitsfarbraum = AdobeRGB und Kalibrierungsziel = sRGB-Gamma: Während bei den anderen Kombinationen die Tonwertabrisse gleichmäßig über mindestens eine Hälfte des Tonwertbereichs verteilt sind und auf der Eingangsseite (also im Arbeitsfarbraum) nie größer als zwei Tonwertschritte sind, kommt es bei dieser Kombination zu zwei sehr langen Tonwertabrissen in den Tiefen: Die Eingangswerte 0...4 und 5...7 landen jeweils auf den gleichen LUT-Ausgangswerten (0 und 6). Dieser Effekt entsteht übrigens nicht primär durch die LUT, sondern durch die 8-Bit-Umwandlung von Arbeitsfarbraum in Monitorfarbraum und die extrem unterschiedliche Charakteristik von AdobeRGB und sRGB in der Gegend der Nullpunktes. In der umgekehrten Richtung (Arbeitsfarbraum = sRGB und Kalibrierungsziel = 2,2) scheint dieser Unterschied interessanterweise nichts auszumachen.
Auch interesant: Analog zum ProPhoto-Arbeitsfarbraum scheint es beim sRGB-Arbeitsfarbraum egal zu sein, ob man für das Kalibrierungsziel sRGB-Gamma oder 2,2 auswählt - auch dabei ist das Verhalten "symmetrisch". Wenn man das alles berücksichtigt, scheint das Kalibrierungsziel von 2,2 am wenigsten Probleme für alle Arbeitsfarbräume zu machen...
Nur nochmal zur Verdeutlichung: Diese Werte gelten für durchgehende 8-Bit-Verarbeitung und LUT sowie einen perfekten Monitor mit Monitor-Gamma 2,2. Bei anderen Kombinationen kann das alles gleich völlig anders aussehen.
Und im Übrigen gilt natürlich weiterhin der Ratschlag von burkhard2, wenn möglich auf das Monitor-Gamma zu kalibrieren (d.h. genaugenommen überhaupt nicht zu kalibrieren!!), denn dann ist die LUT linear und es gibt
nur die unvermeidlichen Verluste bei der Umwandlung von Arbeitsfarbraum-Gamma in Monitor-Gamma, ohne dass eine LUT dazwischenfunkt (entspricht der mittleren Spalte der Tabelle oben). Und wem das noch zu viel ist, muss eben auf 10-Bit-Grafikarten umsteigen.
Ach ja: Und ist natürlich alles auch nur dann korrekt, falls ich in meinem Simulationsprogrämmchen keinen Fehler eingebaut habe
