Hallo, ich besitze beide angesprochenen Telezooms und habe eben mal ein paar schnöde, aber praxisnahe Testbilder für einen möglichst aussagefähigen Direktvergleich gemacht. Bei mäßigem Außenlicht unmittelbar hintereinander geschossen, mit derselben Kamera und identischen Einstellungen; das Ganze auf Stativ (entsprechend mit ausgeschaltetem Stabi) und mit Selbstauslöser. Der Fokusabstand zum Schild betrug ~30 Meter. (Die Farben waren tatsächlich so - das Testmotiv hat offenbar schon bessere Zeiten gesehen
.)
Das erste Vergleichspaar zeigt die unbeschnittenen (nur verkleinerten) Bilder vom jeweiligen langen Zoomende und bei Offenblende. Beim zweiten Vergleich habe ich das Bild des Canon-Zooms soweit gecroppt, dass es dem Ausschnitt des Tamron-Bildes entspricht. Das dritte Paar zeigt „100%-Crops“ aus der jeweiligen Bildmitte (Canon oben, Tamron unten).
Ich würde, auch aus meiner sonstigen Praxiserfahrung, bestätigen, dass das Canon-Objektiv bei Offenblende einen Tick besser ist, was den Schärfeeindruck betrifft. Von „matschig“ kann beim Tamron aber keine Rede sein. Die Abbildungsleistung (jedenfalls meines Exemplars) ist bei 300 mm und Offenblende schon sehr ordentlich (durch Abblenden aber noch etwas steigerungsfähig). Es ist im Prinzip auch richtig, dass man durch Croppen aus dem 250er-Bild des Canon ein vergleichbar scharf wirkendes „300er-Bild“ machen kann.
Was mir bei dem Direktvergleich aber auch auffällt, ist, dass das Tamron ein stärkeres Freistellungsvermögen hat - das scharfe Zentralmotiv setzt sich deutlicher vom unscharfen Hintergrundbokeh ab. Dieser Effekt ist auch bei anderen Motivsituation sichtbar und reproduzierbar. Selbst durch das Croppen des Canons bleibt dessen weniger ausgeprägte Motivfreistellung bestehen. Was bei diesen Testbildern jetzt nicht so deutlich wird, ist außerdem eine stärkere Eckenvignettierung des Canons bei Offenblende (logisch, ist ja auch nur für APS-C-Format gerechnet, das Tamron für KB-Vollformat).
Beim Bilderoutput ist die optische Anmutung also durchaus etwas unterschiedlich - manche werden eher das eine, andere das andere bevorzugen. Insgesamt sind aber beide Zooms auf einem vergleichbaren Leistungslevel.
Beim Stabi würde ich dem Tamron einen ganz kleinen Bonuspunkt geben. Mag zwar sein, dass man sich durch das festgenagelte Sucherbild und das deutlicher hörbare Arbeiten des Stabis bei dem Urteil beeinflussen lässt. Ich habe aber schon den Eindruck, dass der Stabilisator beim Tamron besonders effektiv werkelt. Dazu könnte allerdings auch beitragen, dass das Tamron doppelt so schwer ist wie das Canon und entsprechend satt und träge in der Hand liegt. Gerade mit einer etwas schwereren DSLR (zweistellige Canon aufwärts) ist das vielleicht eine etwas besser ausbalancierte Kombi für Freihandfotos. Man hat durch Gewicht und Größe irgendwie auch ein intensiveres „Telefeeling“, finde ich. Das Canon-Zoom ist dafür federleicht, klein und damit ganz besonders mitnahmefreundlich. Es hat einen flotten, lautlosen AF und harmoniert für meinen Geschmack vom Handling her am besten mit einer kleineren DSLR (drei-/vierstellige Canons).
Wenn ich nur eins von beiden behalten dürfte, wäre es das Canon. (Wobei ich dieses wegen seiner guten Grundschärfe am liebsten als „Pseudo-Telemakro“ mit Zwischenring einsetze, weniger als echtes Tele.) Ich hoffe, das hilft ein bisschen bei der Meinungsfindung.
VG, Taxo