Moin CoffeeFee,
ich will nicht behaupten, dass ich in dieser Hinsicht auch nur annähernd professionelle Erfahrungen aufweisen kann, aber ich tue hier mal meine Erfahrungen kund, die ich bei Shoots von Portraits für Musikkapellen gemacht habe. Dabei mache ich Einzelportraits der Musiker mit ihrem jeweiligen Instrument vor einem neutral grauen Hintergrund sowie Registerfotos, wo also alle Musiker je eines Registers (bisher waren das maximal 8 Leute, also nicht vergleichbar mit einer Schulklasse) gemeinsam fotografiert werden – wiederum mit Instrumenten. Für die Profis hier mag das ein hoffnungslos stümperhaftes Vorgehen sein – so sei es denn. Vielleicht gibt es ja auch konstruktive Hinweise, was sich verbessern ließe oder was für deine Anwendung ein sinnvolleres Vorgehen wäre.
Die folgenden Anmerkungen beschreiben den Ablauf und die wesentlichen Vor- und Nacharbeiten, die bei mir in der beschriebenen Situation zu erledigen sind. Von dem, was ich schreibe, ist vieles sicher nicht ohne weiteres übertragbar, aber vielleicht ist der ein oder andere Punkt darin, der dir für deine eigene Planung hilft. Wenn nicht, vergiss den Beitrag einfach. Insbesondere zu der Frage, wie du die Bilder hinterher an den Mann/die Frau/das Kind bringst, kann ich dir leider gar nichts sagen.
Das erste, was ich kläre, sind die Gegebenheiten des Raums, in dem die Fotos gemacht werden sollen. Er sollte im Erdgeschoss liegen oder per Aufzug zu erreichen sein. 4 Meter Breite, 8 Meter Tiefe und 3 Meter Höhe sind so ziemlich das Minimum, was ich brauche. Mit größeren Gruppen würde das schon knapp. Ein fester Fußboden muss vorhanden sein, damit der Hintergrund und die Studioblitze vernünftig stehen. Mindestens zwei Steckdosen mit separater Absicherung müssen mit einem Verlängerungskabel vernünftig erreicht werden können (ggf. mehr, wenn mehr Studioblitze eingesetzt werden sollen), wobei alle Kabel idealerweise nicht irgendwo langlaufen, wo Leute herumlaufen könnten – ansonsten muss man sich entsprechende Sicherungsmaßnahmen ausdenken. In der Nähe des Raums muss irgendwo eine Aufenthaltsmöglichkeit für die Leute bestehen, die noch zu fotografieren sind.
Fast unverzichtbar ist eine zweite Person, die die jeweils als nächstes zu fotografierende Person auf ihren Auftritt vorbereitet (sowie die Gruppen für die Gruppenfotos zusammenholt), wozu auch gehört, dass Frisur und Kleidung geprüft werden – dass auf beides vorher geachtet wird, bitte ich den Auftraggeber allen zu Fotografierenden mitzuteilen. Diese Person (oder ein weiterer Helfer) kann außerdem ein wenig Entertainment betreiben, um die Leute vor und während der Fotos bei Laune zu halten, so dass sie auf den Fotos freundlich gucken.
Am Tag des Shoots sehe ich dann zu, dass ich lieber zu früh da bin als zu spät. Dann muss der ganze Kram in den Raum gebracht und aufgebaut werden. Vor dem Hintergrund sollte genügend Platz sein, damit die Personen so weit weg von ihm stehen können, dass dort keine Schatten auftreten (ich musste einmal in einem zu kleinen Raum fotografieren, wo das nicht ging; mir gefallen die Fotos nicht, die Auftraggeber waren trotzdem zufrieden). An der Stelle, wo die Person stehen soll, kommt ein Klebestreifen auf den Boden, um die Leute hinterher einfacher dirigieren zu können.
Ich verwende zwei Studioblitze mit Softbox bzw. Reflektorschirm für die Beleuchtung. Dabei ist die Softbox von etwa 45° links oder rechts das Hauptlicht, der Schirm übernimmt die Aufhellung von 30°-60° von der anderen Seite. Am Anfang stelle ich das Licht einmal passend ein – am besten mit einem Brillenträger als Testobjekt (trotzdem sind Brillen auch später immer wieder ein Problem wegen der Reflexionen, die bei jeder Brille anders sind). Dann wird alles so eingemessen, dass ich mit Blende 8 fotografieren kann – 5,6 wäre bei meinen Aufnahmen das Minimum, da die Instrumente ebenfalls scharf sein sollen. Wenn die Gruppenaufnahmen zwischen die Einzelportraits eingeschoben werden (was bei mir meist der Fall ist: ich fotografiere erst alle Musiker eines Registers, dann das Register als Ganzes, dann alle des nächsten Registers usw.), will ich eher nicht an der Beleuchtung schrauben. Daher gehe ich dann kurzerhand auf Blende 11 und drehe den ISO-Wert eine Stufe höher – und anschließend wieder zurück auf die ursprünglichen Einstellungen.
Meist nutze ich (an der Kleinbildkamera) mein 85mm-Objektiv – irgendeine Brennweite zwischen 70 und 100mm würde es für mich in der Regel tun, da ich es überwiegend mit Halbfiguren oder Hüftbildern zu tun habe. Längere Brennweiten gingen nur bei größeren Räumen (wobei da dann die Kommunikation mit den Leuten auch schwieriger wird) oder bei kleineren Ausschnitten (die für mich wegen der Instrumente selten in Frage kommen). Kürzere Brennweiten erfordern häufig einen für meinen Geschmack zu geringen Abstand zu der zu fotografierenden Person, die ich ja nicht bedrängen möchte (und auch ich muss mich mit dem Abstand wohlfühlen).
Dann kommt die erste Person, wird an die passende Stelle gestellt; dirigiert, bis sie vernünftig steht (die Leute stellen sich meist erstmal direkt frontal, was selten die beste Position ist); aufgeheitert, bis sie vernünftig guckt; dann entstehen fünf bis zehn Bilder, bei denen ich ggf. meine oder ihre Position leicht verändere. Dabei muss ständig darauf geachtet werden, dass keine komischen Lichtreflexe in Brillen entstehen, die Mimik und Gestik passen und die Stimmung gut bleibt – alles das ist erheblich einfacher, wenn man dafür einen Helfer dabei hat.
Das geht dann mehr oder weniger zügig für alle Einzelportraits – ich kalkuliere 2 Minuten pro Person. Für die Gruppenportraits kalkuliere ich je 3 Minuten; bei größeren Gruppen müsste man mehr rechnen, da es immer etwas dauert, bis alle passend stehen, und man mehr Fotos braucht, bis man ein brauchbares hat. Ich habe keine Ahnung, ob es mit Kindern in ähnlicher Zeit ginge. Würde mir jemand sagen, dass ich von 220 Personen an einem Tag Einzelportraits und dazu noch Gruppenfotos von mutmaßlich 8 Schulklassen anfertigen soll, würde ich dankend ablehnen.
Auf technische Probleme muss man immer vorbereitet sein. Meine Kamera hat mich bislang nicht im Stich gelassen, dennoch habe ich in der Regel eine zweite dabei. Sicherheitshalber habe ich neben dem 85er immer noch weitere Objektive sowie einen geladenen Ersatzakku, Ersatzbatterien für den Funkauslöser und -empfänger der Blitze und Ersatzsicherungen für die Blitze im Koffer. Da mein Funksystem nicht das zuverlässigste zu sein scheint, habe ich immer ein separates zweites System im Gepäck. Und natürlich einen dritten Studioblitz, falls einer der anderen den Geist aufgeben sollte.
Zu Hause geht es dann an den Import in Lightroom und die Auswahl der Bilder. Dabei kalkuliere ich 1 Minute pro Person bzw. Register, um das jeweils beste herauszusuchen. Nur dieses wird dann bearbeitet – wofür ich 3 Minuten einrechne: Nach einer standardisierten Entwicklung, die auf alle Bilder übertragen wird, geht es an individuelle Nacharbeiten, die zum größten Teil in lokalen Korrekturen bestehen.
Die bearbeiteten Bilder (in der Regel eins pro Person und eins pro Register) stelle ich meinen Auftraggebern dann in digitaler Form zur Verfügung mit allen Verwertungsrechten. Unbearbeitete Bilder bekommt niemand zu sehen. In meinem Fall sind nicht die einzelnen Musiker meine Auftraggeber, sondern die Kapelle, so dass ich mir um alles weitere keine Gedanken machen muss – was die Dinge sehr vereinfacht.
Der Aufwand, mit dem ich dabei kalkuliere, ist insgesamt daher: 6 Minuten pro Person, 7 Minuten pro Register plus 60 Minuten für Auf- und Abbau (zusammen) plus An- und Abfahrt. Diese Werte sind empirisch ermittelt; dazu notiere ich mir die Zeiten, wie lange ich für was brauche, so gut wie möglich. Sollten sich dabei einmal deutlich andere Werte ergeben, muss ich meine Kalkulation entspechend überdenken.