Was willst du mit den Tif16 in 20 Jahren anfangen?
Wofür hat man eigentlich früher die Negative behalten? Und ggf. nochmal paar Abzüge zu ziehen? Kann man jetzt auch mit schon entwickelten Fotos machen
Ihr sitzt auf den RAWs, und zwar beliebiger gestalterischen Qualität
, wie ein ein Huhn auf den Eiern. Wofür?
Es kommt immer drauf an wie du arbeitest. Und wie du fotografierst.
Es gibt Fotografen, die machen in zwei Wochen Urlaub locker 1000+ Bilder.
Man kann die vielen Bilder eben mal in LR laden und damit dann mit wenigen Klicks seine ganz guten jpeg machen und die paar Auswählen, die man dann weiter gibt per Facebook & CO. Das kann man damit vergleichen, dass man früher einfach seine Bilder weitgehendst direkt nach Vorschrift des Herstellers entwickelt hat (oder im Labor hat machen lassen), auch wenn das dann nur eher ein paar wenige Patronen Film pro Tag war, also z.B. 30 bis 40 Patronen Film für den Foto-Urlaub. Hier hat man die Negative auch nur behalten um noch mal einen Abzug machen zu können.
Die andere Art zu fotografieren ist sich Zeit zu nehmen für den Ort und die Szene und das Bild bewusst zu schießen - so dass man nach 14 Tagen nicht mit 1000+ Bildern zurück kommt. Sondern mit höchstens 150 bis 250 Bildern (Oder 5 bis 6 verbauchten Patronen früher...), auch wenn man 14 Tage lang ständig mit dem Foto unterwegs war. Wobei dann am Ende dann 10 bis 20 Bilder wirklich gut sind.
Man setzt sich dann auch ein bisschen länger an sein Bild und versucht am Rechner daraus ein optimales Ergebnis heraus zu holen. So, wie man früher dann in der Dunkelkammer eben mit verschiedenen Belichtungszeiten, verschiedenen Papieren/Gradationen und mit Schablonen usw. gearbeitet hat. Nur dass so etwas heute nicht nur wesentlich kostengünstiger ist (man muss keine 10+€ ausgeben pro Bild für die verschiedenen Probeabzüge..) - es geht auch super einfach und kann jederzeit wieder verändert werden. Hier hat man früher die Negative deswegen behalten, damit man damit irgendwann mal in seiner Dunkelkammer einen
anderen, unterschiedlichen Abzug machen konnte.
Die Raws aus der Kamera sind so bei mir erst mal die reinen Rohbilder. Die werden natürlich archiviert, wenn ich sie wirklich gut gelungen finde (der Rest/Ausschuss fliegt meist konsequent in den Müll). Konvertiert zu 16-bit ProPhotoRGB werden diese bei mir dann ganz linear/neutral mit Nikons NX-D, da habe ich vor allem bei Porträts deutlich bessere Ergebnisse als nur mit LR, was die Farben an geht (allerdings arbeite ich meist auch nur mit Nikon-Objektiven, Fremdobjektive muss man damit später per Drittsoftware entzerren/entvignettieren). Außerdem wird manchmal noch minimal geschärft mit diesem Programm. Das ist aber nur der erste Schritt:
Die resultierenden 16-bit Tiff brauche ich für die eigentliche Fertigstellung in Photoshop, wo ich den Feinschliff meiner Bilder mache. Hier werden dann nicht nur kleine Fehler korrigiert (Sensordreck z.B.), hier optimiere ich dann auch z.B. über Luminanzmasken den Kontrast (die sind in 2s erstellt per Aktion), nutze gelegentlich auch noch mal ACR als Filter zur weiteren Optimierung. Und es wird in PS auch manchmal abgewedelt und nachbelichtet. Gelegentlich wird auch mal was wirklich störendes retouchiert, ich mache ja keine Dokumentation, ich will eine gewisse Bildästhetik.
Das Resultat ist dann jedenfalls ein 16-bit Tiff in ProPhotoRGB als eigentliche "Masterdatei". Daraus wird dann je nachdem eben z.B. ein 8-bit jpeg/sRGB mit 1200x800 px für die Weitergabe per Mail oder im Web, aus dem 6000x4000px 16-bit Tiff kann man aber auch eben mal ein optimiertes/nachgeschärftes 12000 x 8000px Bild in AdobeRGB machen um damit dann Bilder mit z.B. 120cm x 80cm auszubelichten bzw. Drucken zu lassen. Wobei einige Anbieter mittlerweile auch ProPhoto RGB können.
Ich arbeite dabei in einem 16-bit Workflos deswegen, weil man damit Farbabrisse vermeiden kann. Und mit ProPhotoRGB um Farbraumgrenzen und -Probleme in den ersten Schritten zu vermeiden. sRGB ist eben ein recht kleiner Farbraum, in dem man bei manchen Bearbeitungen an die Grenzen kommen kann, so dass z.B. bei der stärkeren Änderung der Sättigung eine Posterisation auftreten kann in diesem kleinen Farbraum. Mit ProPhotoRGB als Arbeitsfarbraum hat man das eher nicht.
Nur muss man eben sauber mit dem Farbmanagement arbeiten dann.
Aufbewahrt wird also zum einen das RAW aus der Kamera, die 16-bit Tiff Masterdatei (mit der ich zur Not auch meine Urheberrechte belegen kann) und aufgehoben werden meist auch die auf eine bestimmte Größe optimierten Bilder. Dann kann man sie einfach noch mal schicken. Mit einer entsprechenden Ordner-Struktur und sauber notierten Hinweisen in den Exifs ist das kein Problem. Und da ich nicht LR, sondern die systematische Ordnerstruktur und Adobe Bridge verwende um die Bilder zu sortieren und schnell mal zu betrachten stören mich die verschiedenen Versionen auch kein bisschen.