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RAW oder nicht RAW - das ist hier die Frage (Grundlagenartikel - lang)

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scorpio

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Oft und gerne wird über die Vor- und Nachteile des RAW-Formates von digitalen Bildern diskutiert. Manch einer hat gehört, dass aus dem RAW-Format eine höhere Bildqualität resultiert als aus Bildern im JPG-Format. Andere wieder haben irgendwo vernommen, dass mit RAW-Dateien ein komplizierter Arbeitsablauf verbunden ist. Einigen erscheint das RAW-Format gar seltsam mysteriös. Wer sich allerdings auskennt, der weiß, dass dem RAW-Format nichts Mysteriöses anhaftet. RAW hat Vor- und Nachteile gegenüber anderen Formaten. Wenn wir diese kennen, können wir uns gezielt entscheiden, ob wir das RAW-Format nutzen wollen oder nicht.

Wir wollen uns in diesem Artikel mit zwei Fragen beschäftigen:

- Was ist RAW?
- Was sind die Vor- und Nachteile von RAW?

(Anmerkung: Da RAW-Dateien üblicherweise in TIFF konvertiert werden, um sie weiter bearbeiten zu können, möge der Leser im Hinterkopf behalten, dass wenn im Artikel von TIFF die Rede ist, Bezug auf das RAW genommen wird.)

Ganz speziell wollen wir hier auf die Vor- und Nachteile von RAW verglichen mit JPG eingehen, weil JPG die eigentliche (und meist einzige) Alternative ist.

Der geneigte Leser möge bitte beachten, dass dies zum Teil ein sehr technischer Artikel ist. Nicht jeder wird vielleicht alles sofort verstehen und es ist deshalb nicht weiter schlimm, wenn diese Leser sich nicht weiter damit aufhalten wollen. Es genügt, wenn sie verstehen, wie diese technischen Gegebenheiten das Bildresultat beeinflussen und sie können beruhigt die technischen Details den Technik-Freaks überlassen ;)
Nichts desto trotz soll dieser Artikel nicht bis ins Allerkleinste technische Detail gehen. Die absoluten Kenner und Wissenden der Materie mögen mir manche grobe Darstellung verzeihen :)

1. Was ist RAW?
2. RAW-Vorteil #1: Flexibilität
3. RAW-Vorteil #2: Bittiefe
4. RAW-Vorteil #3: Tonwertkurven
5. RAW-Vorteil #4: Bits gegen Farbsprünge
6. RAW-Vorteil #5: Der Konverter-Vorteil
7. RAW-Vorteil #6: Keine verlustbehaftete Kompression
8. RAW-Vorteil #7: mehrfache Konvertierung
9. RAW-Vorteil #8: Schärfung
10. RAW-Vorteil #9: Flexible Farbraumwahl
11. Fehler summieren sich
12. RAW-Nachteil #1: Zeit
13. RAW-Nachteil #2: Komplexität
14. RAW-Nachteil #3: Speicherbedarf
15. RAW-Nachteil #4: Kompatibilität
16. Brauchen wir RAW?
17. Fazit



(Freie Übersetzung mit freundlicher Genehmigung des Autors des Originalartikels Ron Bigelow)
Alle Rechte vorbehalten.
Die Texte dürfen unter Angabe dieses Threads und entsprechendem Link hier im Forum zitiert werden. Eine anderweitige Verwendung oder gar Veröffentlichung von Text und/oder Grafiken untersage ich hiermit.



Anmerkungen und Diskussion bitte in diesem Thread, Danke.
 
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1. Was ist RAW?
Der Sensor in den meisten Digitalkameras ist ein so genannter Bayer-Pattern-Sensor (ein Gitter aus Mikro-Farbfiltern, das vor die eigentlichen Sensorelemente gelegt wird). Dieses Bayer-Muster führt zu einer bestimmten Anordnung von rot-, grün-, und blau-empfindlichen Bereichen. Ein typischer Sensor sieht etwa so aus:

sensor.jpg


Jedes Pixel des Sensors reagiert entweder auf blaues, grünes oder rotes Licht. Für jedes blaue und rote Sensorelement gibt es zwei grüne, weil das menschliche Auge für grün empfindlicher ist. Das Sensorelement misst nun die Intensität des auffallenden Lichtes. Die grünen Elemente messen grüne Lichtanteile, die roten rote und die blauen blaue. Jedes Element gibt die ausgelesenen Werte im Format FARBE-INTENSITÄT aus, wobei FARBE eben rot, grün oder blau sein kann und INTESITÄT bei 12-bit-Sensoren einen Wert von 0-4095 annehmen kann.

Ein normales Digitalbild jedoch besteht aus einzelnen Bildpunkten (Pixeln), welche rot, grün oder blau sein oder aber eine von Millionen anderen Farben haben können. Um ein solches Bild aus den Sensordaten zu erzeugen, muss die Daten einem Signalprozess unterzogen werden. Dieser Prozess nennt sich BAYER-INTERPOLATION, weil die Farbwerte interpoliert, also errechnet werden. Hierzu werden die Werte der benachbarten Sensorelemente heran gezogen. Jedes Pixel in einem so erzeugten Bild hat nun drei Werte: ROT-INTENSITÄT, BLAU-INTENSITÄT, GRÜN-INTENSITÄT. Ein solches berechnetes Bild sieht dann ungefähr so aus:

raw-bild.jpg



RAW-Daten

RAW-Daten sind jene Daten, die direkt aus dem Sensor ausgelesen werden. Also die einzelnen Rot-, Grün, und Blau-Signale, ausgelesen von der Sensor-Elektronik und vom Analog-Digital-Wandler in digitale Werte umgewandelt. Die Auslese-Elektronik sammelt und verstärkt diese Daten. Hier kommt nun der ISO-WERT ins Spiel, also die relative Empfindlichkeit des Sensors. Wenn die Verstärkung gering ausfällt, entspricht das einem niedrigen ISO-Wert, z.B. ISO 100, höhere Verstärkung entspricht einem höheren ISO-Wert, z.B. ISO 800. Der Begriff "RAW" ist übrigens keine Ankürzung oder ein Akronym oder so etwas in der Art, sondern bezeichnet einfach nur den Zustand der Daten, ROH-Daten eben. (Wobei das natürlich in Wirklichkeit nicht stimmt, denn diese Daten haben ja auch schon einen kamerainternen Verarbeitungsprozess hinter sich, weshalb sich Rohdaten auch von Kameramodell zu Kameramodell und von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich zeigen können ;) )

Mit diesen Rohdaten können nun zwei Dinge gemacht werden: Sie können so, wie sie sind auf die Speicherkarte geschrieben werden*, oder aber der Kamerasoftware übergeben werden, um daraus ein JPG-Bild zu berechnen.
Das Diagramm soll das vereinfacht zeigen:

raw-flussdiagramm1.JPG



Wenn aus den Rohdaten ein JPG gemacht werden soll, durchlaufen sie den BAYER-Interpolationsprozess und werden anschließend mit den in der Kamera eingestellten Parametern wie Weißabgleich, Farbsättigung, Kontrast und Schärfe durch die Kamerasoftware behandelt, werden mit der eingestellten Stärke JPG-komprimiert und gespeichert. Vorteile liegen hierbei darin, dass diese JPG-Dateien kleiner sind, von vielen Programmen problemlos gelesen und auch von manchen Druckern direkt ausgedruckt werden können. Der Nachteil ist ein Verlust von Qualität. Der Verlust ist umso größer, je höher die Kompression der JPG-Dateien. Mit höherer Kompression werden die Dateien zwar kleiner, die Qualität allerdings nimmt dabei ab. Leicht komprimierte JPG-Dateien können signifikant Platz sparen, dabei aber sehr wenig an Qualität verlieren.


RAW-Konvertierung zu TIFF oder JPG

Wenn die Bilddaten als RAW-Dateien gespeichert wurden, so können sie später am PC wahlweise in TIFF- oder JPG-Dateien konvertiert werden. Das Diagramm soll das verdeutlichen:

raw-flussdiagramm2.JPG


Wie man sieht, ist dieses Diagramm dem ersten oben sehr ähnlich, mit der Ausnahme, dass die Prozesse am PC und nicht in der Kamera stattfinden.
 
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2. RAW-Vorteil #1: Flexibilität
Flexibilität ist einer der größten Vorteile von RAW. Wenn wir ein Bild in JPG aufnehmen, so wird in der Kamera durch die interne Software der Weißabgleich, der Kontrast, die Farbsättigung, die Schärfung, die Kompression und mehr festgelegt und in die Bilddatei geschrieben. Die Schärfung und die Kompression können nicht rückgängig gemacht werden. Wir können zwar das Bild anschließend Weichzeichnen, aber das ist nicht dasselbe wie die Rücknahme der Schärfung. Es kommt dabei auf jeden Fall zu Detailverlusten im Bild und damit zu Qualitätsverlust. Farb- und/oder Tonwertprobleme durch nicht korrekten Weißabgleich oder falsche Belichtung lassen sich zwar mit mehr oder weniger Aufwand in der Bildbearbeitung teilweise beheben, aber auch das führt zu Qualitätsverlusten. Das passiert eben deshalb, weil diese Parameter zum Zeitpunkt der Aufnahme von der Kamerasoftware gesetzt werden. Eine Änderung im Nachhinein kann sehr schwierig (z.B. eine Tonwertkorrektur kann zu Detailverlusten in den Schatten führen) bis gänzlich unmöglich sein (Rücknahme der Kompression).

Im Gegensatz dazu können bei einer RAW-Datei die meisten dieser Parameter im Konverter verändert werden. Wenn wir feststellen, dass eine bestimmte Tonwertkurve zu Detailverlust in den Schatten führt, konvertieren wir einfach die RAW-Datei erneut mit veränderten Einstellungen. Wir können das so oft tun, wie wir wollen, ohne irgendwelche Verluste zu erleiden, weil die Originaldaten der RAW-Datei dabei nicht verändert werden. Es wird lediglich bei jedem Konvertierungsvorgang eine neue TIFF-Datei erzeugt, die auf den geänderten Parametern beruht.
 
3. RAW-Vorteil #2: Bittiefe
Es wird häufig behauptet, dass RAW Bildqualitätsvorteile gegenüber JPG hat. Das stimmt. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Der wichtigste dabei hat mit der Bittiefe zu tun.

JPG-Dateien haben eine Bittiefe von 8 Bit. Das bedeutet, dass jedes Pixel eine Helligkeit von 2^8 = 256 Stufen speichern kann. Mit anderen Worten: jedes Pixel kann 256 Schattierungen speichern. Stufe 0 repräsentiert dabei reines Schwarz, 255 reines Weiß. Von 0 nach 255 werden die Schattierungen heller. Im vorherigen Teil haben wir gesehen, dass einige Pixel dabei nur auf rotes Licht reagieren, andere nur auf blaues und die anderen auf grünes Licht. Somit sind jeweils 256 Schattierungen in den Grundfarben möglich. Bei der Bayer-Interpolation wird die Farbinformation des Pixels und seiner Nachbarn herangezogen. Da diese Interpolation also alle drei Grundfarben berücksichtigt, sind 256^3 = 16.777.216 Farben insgesamt in 8bit JPG-Bildern möglich. Das klingt imposant - bis man es mit RAW vergleicht ;)

RAW-Dateien haben eine Bittiefe von 12 Bit. Das bedeutet, jedes Pixel kann 2^12=4096 Schattierungen speichern. Die Bayer-Interpolation erzeugt dann aus den drei Grundfarben 4096^3 = 68.719476.740 mögliche Farben. Das sind 4096 mal mehr als in einem JPG!

Es wird gesagt, dass das menschliche Auge etwa 16.000.000 Farben unterscheiden kann, also in etwa so viele wie in einem JPG enthalten sein können. Mit anderen Worten: das menschliche Auge kann gar nicht mehr Farben unterscheiden, als ein JPG enthalten kann. Was also, wenn wir die Unterschiede gar nicht sehen können, ist dann der große Vorteil der um ein Vielfaches größeren Anzahl von möglichen Farben in einem RAW? Die Antwort liegt darin begründet, wie ein Sensor einer Digitalkamera arbeitet.

Der Sensor einer Digitalkamera zeichnet annähernd linear auf. Das bedeutet, dass eine Verdoppelung der Lichtmenge, die den Sensor erreicht, auch die Ausgabestärke verdoppelt. Das klingt zunächst recht harmlos. In Wirklichkeit ist das ein Problem, besonders für JPG-Dateien. Das wird deutlich, wenn wir uns die Bittiefe in Verbindung mit dem Dynamikumfang eines Sensors anschauen. Dynamikumfang bezeichnet den Bereich von Tonwerten, den ein Aufzeichnungsgerät (in diesem Fall der Sensor) erfassen kann. Mit anderen Worten: Dynamikumfang ist der Unterschied zwischen den dunkelsten und hellsten Tonwerten, in denen ein Sensor Details aufnehmen kann. Der Dynamikumfang wird in Blendenstufen angegeben. Eine Blendenstufe mehr bedeutet doppelt soviel Licht. Umgekehrt bedeutet eine Blendenstufe weniger halb soviel Licht.

Heutige Digitalkameras haben einen Dynamikumfang von ca. 5-7 Blendenstufen (eventuell sogar schon mehr). Für unsere Betrachtungen hier nehmen wir der Einfachheit halber an, wir hätten eine Kamera mit einem Dynamikumfang von 5 Blendenstufen. Am Prinzip ändert das nichts ;) Die Tonwerte, also die Schattierungen, die ein Sensor aufzeichnen kann, müssen auf diese Blendenstufen verteilt werden. Das dumme daran ist, dass das nicht gleichmäßig geschieht.

Schauen wir uns ein Pixel an, das seine aufgezeichneten Daten an ein JPG liefert. Dabei ist zu beachten, dass diese Verteilung geschieht, bevor die Kamerasoftware an den Parametern für Kontrast, Sättigung usw. dreht! Sie repräsentieren nicht die Verteilung in der endgültigen Datei. Diese Verteilung nach der Korrektur durch die Kamerasoftware schauen wir uns später aber auch noch an. Angenommen, ein Pixel hat das Maximum an Licht aufgenommen (repräsentiert also eine sehr helle Stelle im Bild), so hat es Licht im Umfang von 5 Blendenstufen aufgenommen und seine Sättigung erreicht. Mehr geht nicht. Pixel A in der unten stehenden Grafik soll das verdeutlichen. Im JPG-Format wird das nun durch 8 Bit, also 256 Abstufungen, aufgezeichnet.

Tabelle1.jpg

Tabelle 1

Wir erinnern uns daran, dass eine Halbierung der Belichtung eine Halbierung der Lichtmenge bedeutet. Bei linearen Geräten wie dem Sensor bedeutet das, dass auch nur die Hälfte Schattierungen aufgezeichnet werden können.
Nehmen wir nun an, ein Pixel B hat einen dunkleren Bereich im Bild aufgezeichnet. In unserem Beispiel hat es Licht im Umfang von 4 Blendenstufen erhalten, also halb soviel wie Pixel A. Auf Grund der linearen Aufzeichnung des Sensors bedeutet das, dass es auch nur halb so viele Schattierungen aufzeichnen kann. Pixel B kann also nur 128 Schattierungen aufzeichnen. Pixel A konnte bei 5 Belichtungsstufen 256 Schattierungen aufzeichnen, Pixel B mit 4 Belichtungsstufen 128. Die 5. Blendenstufe hat somit allein die anderen 128 Stufen aufgezeichnet. Das bedeutet, dass die 5. Stufe (die hellste) die Hälfte aller überhaupt möglichen Schattierungen aufzeichnet.

Das gleiche passiert bei Pixel C. Die Lichtmenge wurde wieder um eine Blendenstufe verringert, so dass hier nur 3 Blendenstufen Lichtanteil aufgezeichnet wurden. Da Pixel C nunmehr nur die Hälfte des Lichtes von Pixel B abbekommen hat, hat es auch nur die Hälfte der Anzahl an Schattierungen wie Pixel B aufzeichnen können, also lediglich 64 Schattierungen. 4 Blendenstufen von Pixel B zeichnen 128 Schattierungen auf, 3 Blendenstufen von Pixel C 64. Die 4. Blendenstufe (die zweithellste) hat somit die anderen 64 Stufen aufgezeichnet, also ein Viertel aller überhaupt möglichen Schattierungen.

An diesem Punkt können wir schon feststellen, dass die beiden hellsten Stufen eines Sensors mit einem Dynamikumfang von 5 Blendenstufen 75% aller maximal möglichen Abstufungen aufzeichnen. Betrachten wir nun weiter die Pixel D und E, so stellen wir fest, dass immer weniger Schattierungen pro Blendenstufe in der Dynamik abwärts erfasst werden können. Die letzte Blendenstufe erfasst nur noch 16 Schattierungen.

Das alles passiert natürlich auch bei Ausgabe in eine RAW-Datei. Allerdings mir dem Unterschied, dass eine RAW-Datei eine Bittiefe von 12 Bit hat, also ein voll gesättigtes Pixel 4096 Schattierungen speichern kann. Tabelle 2 zeigt wie sich das im Vergleich zu einem JPG in der Anzahl der Schattierungen je Blendenstufe auswirkt.

Tabelle2.jpg

Tabelle 2

Wie wir sehen, ist die Anzahl der Schattierungen nicht gleichmäßig über den Dynamikumfang verteilt. Die meisten Schattierungen sind in den hellsten Blendenstufen (also auch in den hellsten Bildteilen!) enthalten. Das ist nicht unbedingt gut für ein JPG. Die dunkelste Blendenstufe kann nut 16 Schattierungen aufzeichnen. RAW schafft dort immerhin 256 Stufen. Das sind so viele wie das JPG überhaupt insgesamt aufzeichnen kann.

Das bedeutet, dass das JPG sehr viel weniger Schattierungen zur Verfügung hat, um Zeichnung in die Schatten zu bringen. Verstärkt wird dieses Problem durch die Sehweise des menschlichen Auges. Ein Sensor arbeitet linear, das Auge nicht. Es ist unterschiedlich empfindlich für unterschiedliche Lichtbereiche. Es ist zum Beispiel viel empfindlicher für Schatten als für Lichter. Das bedeutet, dass in Schatten Details viel besser erkannt werden als in Lichtern. Das Problem wird deutlich: ausgerechtet in den Bereichen, in denen das Auge am empfindlichsten reagiert, in den Schattenbereichen, haben wir die wenigsten Schattierungen im aufgezeichneten Bild. Und das ganz besonders bei Bildern im JPG-Format.
 
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4. RAW-Vorteil #3: Tonwertkurven
Nachdem das aufgenommene Bild in der Kamera in digitale Daten umgewandelt und darauf ein Weißabgleich angewendet wurde, ist es aber immer noch nicht fertig. Zu diesem Zeitpunkt ist es sehr dunkel, wie Bild 1 zeigt.

bild01.jpg

Bild 1

Wie man sehen kann, ist darauf nicht sehr viel zu erkennen. Um das Bild verwendbar zu machen, wird nun eine Tonwertkurve angewandt. Da ist im Prinzip der gleiche Vorgang wie er mit den Gradationskurven in Photoshop gemacht wird. Das hat primär zwei Gründe: zum Ersten wird das Bild aufgehellt. Das bringt die Details zum Vorschein. Zweitens wird damit die Tonwertverteilung im Bild geändert.

bild02.jpg

Bild 2

Nach der Anwendung einer solchen Tonwertkurve sieht das Bild nun so aus wie Bild 2 zeigt. Die Details des Wassers und der Felsen sind nun sichtbar (bitte beachten: das sind keine fertig bearbeiteten Bilder. Sie sind lediglich konvertiert. Für eine endgültige Verwendung würden sie einer weiter gehenden Bearbeitung unterzogen werden!).

Dieser Schritt der Anwendung einer Tonwertkurve gibt uns, wenn wir in RAW aufnehmen, weitere Vorteile gegenüber JPG. Ein Vorteil hat mit der Form der Kurve zu tun. Im Konverter können wir uns für zwei grundsätzliche Konvertierungsarten entscheiden: linear oder nicht linear. Die gebräuchlichste Art ist die nicht lineare Konvertierung. Hierbei wendet der Konverter auf das Bild eine Tonwertkurve an. Dazu können wir uns in den meisten Konvertern aus einer Auswahl verschiedener Kurven für eine bestimmte entscheiden. Manche Konverter bieten dazu eine Auswahl von 5 oder mehr verschiedenen Tonwertkurven. Meist bieten auch noch die verschiedenen Konverter selbst unterschiedliche Tonwertkurven an, so dass wir auch hier auswählen können, falls wir mit mehreren Konvertern arbeiten. Passt keine der Kurven in dem einen Konverter, so nehmen wir eben einen anderen Konverter, der andere Kurven anbietet. Wir haben die Wahl.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Wir können uns die Tonwertkurve aussuchen, die das Beste aus dem Bild holt. Die eine Kurve ist vielleicht optimal, um aus den Schattenbereichen Details heraus zu holen, während in einem anderen Bild eine andere Kurve besser geeignet ist, weil dort Lichterdetails hervorgehoben werden sollen, ein drittes braucht wieder eine andere Kurve, weil dort der Kontrast zusätzlich verbessert werden muss usw.
Wir sehen diesen Vorteil deutlich, wenn wir uns Bild 2 und Bild 3 näher anschauen. Bild 2 wurde mit einer Standardkurve konvertiert. Bild 3 wurde aus exakt derselben RAW-Datei konvertiert, diesmal jedoch mit einer der alternativen Tonwertkurven.

bild02.jpg
bild03.jpg

Bild 2, Bild 3

Je nach Qualität des anzeigenden Monitors und auf Grund der Verkleinerung der Bilder für diesen Artikel mögen die Bilder hier so ziemlich gleich aussehen. Nichts desto trotz sind dort Unterschiede vorhanden, die wir auf den ersten Blick nicht sehen. Ein Blick auf die Histogramme der beiden Bilder enthüllt die Geheimnisse.

histo01.jpg
histo02.jpg

Histo 1, Histo 2

Histo 1 zeigt das Histogramm von Bild 2 (das mit der Standardkurve konvertiert wurde). Histo 2 zeigt das Histogramm von Bild 3 (alternative Tonkurve). Auf den ersten Blick scheint das Histogramm von Bild 2 in Ordnung zu sein, außer dass wir es in den Schattenbereichen anpassen müssten. Das Histogramm von Bild 3 zeigt aber etwas, was uns beunruhigt: es scheint rechts im Histogramm Informationen zu geben, die im Histogramm von Bild 2 dort nicht sind. In den Lichtern von Bild 3 sind also Details, die es in Bild 2 nicht gibt. Mit anderen Worten: die Standardtonkurve bei Bild 2 hat Lichterdetails unwiederbringlich gekappt (zerstört!). Diese Details wurden bei Bild 3 durch die Anwendung einen alternativen Tonkurve jedoch noch vorhanden. Des Weiteren hat die alternative Tonkurve in Bild 3 die Tonwerte leicht anders verteilt.

bild04.jpg
bild05.jpg

Bild 4, Bild5

Der Detailverlust kann in den Bildern 4 und 5 gesehen werden. Bild 4 ist ein Bildausschnitt aus Bild 2, Bild 5 der gleiche Ausschnitt, allerdings aus Bild 3. Ein Blick auf den markierten Bereich zeigt uns deutlich, dass im Bild 2 Details in den Lichtern verloren gegangen sind.
Wichtig hier ist zu verstehen, dass der Detailverlust bei Bild 2 nicht durch eine Überbelichtung bei der Aufnahme hervorgerufen wurde. Beide Bilder wurden aus derselben RAW-Datei entwickelt! Der Unterschied entstand einzig und allein durch die Anwendung verschiedenen Tonwertkurven im Konverter. Die Möglichkeit, verschiedene Tonwertkurven im Konverter anzuwenden, hilft uns also, unsere Bilder zu optimieren.

Wie oben schon beschrieben haben wir im Konverter auch die Möglichkeit, linear zu konvertieren. Dies ist ein weiterer Vorteil gegenüber einem JPG. Eine lineare Konvertierung ist die Grundlage für die optimale Anwendung einer Tonwertkurve. Bei der linearen Konvertierung wendet der Konverter überhaupt keine Tonwertkurve an. Das Bild kommt so dunkel wie Bild 1 aus dem Konverter. Das ermöglicht uns, in der Bildbearbeitungssoftware eine völlig individuelle Tonwertkurve auf das Bild anzuwenden. Für uns heißt das, wir haben völlig freie Hand, die Tonwertkurve so zu gestalten, wie sie für das Bild individuell am besten geeignet ist.

Ob aber nun linear oder nicht linear, die Hauptsache hier ist die Flexibilität durch die Anwendung verschiedenen Tonwertkurven auf ein Bild. JPG-Bilder bieten diese Flexibilität nicht. Wir geben bei der Aufnahme in JPG die Kontrolle über die Anwendung von Tonwertkurven in die Hand der Kamerasoftware. Die meisten Kameras erlauben uns, per Kameramenü verschiedene Tonwertkurven zu wählen. Bei vielen kann zwischen hohem, mittlerem und niedrigem Kontrast gewählt werden. Das gibt uns zwar eine gewisse Flexibilität, aber deutlich weniger als bei einer RAW-Konvertierung. Dazu kommt, dass wir bei einer RAW-Konvertierung die Anwendung einer Tonwertkurve sehr einfach ändern können, in dem wir mit einer anderen Kurve das Bild noch mal konvertieren. Wenn die eine Kurve nicht das bringt, was wir uns erwartet haben, nehmen wir eben eine andere. Diese Option gibt es bei JPG nicht. Die Kamerasoftware wendet die Kurve an und das Ergebnis ist unabänderlich im JPG-Bild.
Eine weitere Sache, über die wir uns im Klaren sein müssen, wenn wir in JPG aufnehmen, ist, dass viele Kameras eine Kontrast steigernde Tonwertkurve anwenden. Das Ergebnis daraus kann sein, dass in den Extrembereichen, also Schatten und/oder Lichtern, Details gekappt werden, somit also unwiederbringlich verloren sind. Wenn wir RAW aufnehmen, haben wir dieses Problem nicht. Solange Details in den Tiefen und Lichtern aufgenommen werden, sind sie auch in den Bilddaten vorhanden. Das Kappen und Zerstören dieser Details können wir - anders als bei JPG - erfolgreich durch Anwenden einer geeigneten Tonwertkurve im Konverter unterbinden.

Zusätzlich zur Gesamtaufhellung hellen Tonwertkurven meistens auch die Schatten eines Bildes mehr auf als die Lichter. Wie wir weiter oben erfahren haben, ist das menschliche Auge für Dunkles empfindlicher als für Helles. Die Aufhellung der Schattenbereiche gleicht somit das Bild mehr dem menschlichen Sehen an. Das erzeugt im Ergebnis ein natürlicheres Bild. Dies bedingt aber eine Neuverteilung der Tonwerte im Bild. Rufen wir uns die Tabelle 2 noch mal ins Gedächtnis, in der Die Tonwertverteilung eines Bildes für JPG und RAW gleichermaßen gezeigt wurde, bevor eine Tonwertkurve angewandt wurde.

tabelle2.jpg

Tabelle 2

Die Tabelle 3 zeigt nun eine mögliche Tonwertverteilung nach der Anwendung einer Tonwertkurve auf ein JPG (andere Tonwertkurven werden andere Verteilungen zeigen).

tabelle3.jpg

Tabelle 3

Wie wir in Tabelle 3 sehen können, erfolgte eine Neuverteilung der Tonwerte zu Gunsten der Schatten- und Vierteltonbreiche, aber auf Kosten der Tonwerte in den helleren Bereichen des Bildes. Das ist natürlich gut für ein JPG, denn das hat bei 8 Bit Tiefe ja nicht so viele Tonwerte in den Tiefen zur Verfügung. Wir können außerdem feststellen, dass sich die Gesamtanzahl der Tonwerte von 256 auf 203 reduziert hat. Das hat was mit Rundungsfehlern zu tun, die wir uns noch anschauen werden. Glücklicherweise fand der Verlust an Tonwerten in den Lichtern statt, wo wir viel mehr Tonwerte zur Verfügung haben und das Auge nicht so empfindlich ist.

Dieselbe Tonwert-Neuverteilung passiert natürlich auch bei einem RAW. Da wir aber in einem RAW sehr viel mehr Tonwerte insgesamt und besonders in den Tiefen haben, sind die Auswirkungen deutlich geringer.
 
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5. RAW-Vorteil #4: Bits gegen Farbsprünge
Die geringe Anzahl an Tonwerten in den Schatten eines JPGs führt dazu, dass Farbstufen weiter auseinander liegen als in einem RAW. Bearbeiten wir solche Bilder noch weiter, kann das zu noch größeren Abständen in den Farbabstufungen oder gar zum Verlust kompletter Farben führen. Solcherlei kann sich dann unter Umständen in sichtbaren Farbsprüngen zeigen. Solche Farbsprünge erkennt das menschliche Auge am abrupten Übergang von einer Farbe zu einer anderen. Das Ergebnis solcher Farbsprünge sind Detailverlust und die Bildung von Farbbändern im Bild. Am ehesten bemerken wir solche Fehler in Bereichen mit wenig Details. z.B. einem wolkenlosen Himmel. Die Gefahr von Farbsprüngen ist bei einem RAW nicht so groß, da bedingt durch die viel größere Anzahl an Tonwerten diese viel näher beieinander liegen.

bild06.jpg
bild07.jpg

Bild 6, Bild 7

Bild 6 zeigt einen Bildausschnitt aus einem in ein 8 Bit JPG konvertierten Bild. Bild 7 zeigt denselben Ausschnitt, allerdings aus einem Bild, dass in ein 16 Bit TIFF gewandelt wurde (besser gesagt: in ein 12 Bit Bild, das in einem 16 Bit TIFF Container steckt ;)). An beiden Bildern wurden dann exakt dieselben Bearbeitungsschritte vorgenommen.

Bild 6 zeigt die Auswirkung davon, dass ein JPG nur 8 Bit Tiefe hat, also nur 256 Tonwerte zur Verfügung stehen. Es sind deutliche Farbabrisse zu erkennen. Bild 7 zeigt diese Farbabrisse nicht, da hier 4096 Tonwerte durch die 12 Bit Farbtiefe zur Verfügung standen.

Es wird deutlich, dass die größere Bittiefe dem RAW einen großen Vorteil gegenüber dem JPG verschafft. Das wird durch das Problem von Rundungsfehlern sogar noch verstärkt. Wenn wir in der Bearbeitungssoftware an einem Bild arbeiten, denken wir in Begriffen wie Farben und Details. Die Software "denkt" in Zahlen und Rechenvorschriften, denn alle Farben und Bilddetails werden in solche digitalen Zahlen umgewandelt. Bei unserer Bearbeitung wandelt die Software die "Ausgangszahlen" durch die Anwendung verschiedenen Rechenoperationen in neue "Ergebniszahlen" um. Dabei wird auf die nächste ganze Zahl gerundet (z.B. aus 124.41 wird 124). Die Stellen hinter dem Komma werden verworfen und die Informationen, die dort waren, sind weg. Das bedeutet also, dass Informationen beim Rundungsprozess für immer verloren gehen. Dies führt zu Rundungsfehlern, was Qualitätsverlust im Bild bedeutet. Zum Beispiel kann ein solcher Rundungsfehler dazu führen, dass Tonwerte beim Runden verloren gehen und im Bild anschließend nicht mehr zu finden sind. Aus zwei verschiedenen Tonwerten wird beim Runden während verschiedener Rechenoperationen in der Software nur noch ein gemeinsamer Tonwert. Detailverlust ist die Folge. Da RAW-Dateien mehr Tonwerte haben als JPG-Dateien, fällt das bei diesen aber nicht so deutlich ins Gewicht.
 
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6. RAW-Vorteil #5: Der Konverter-Vorteil
Um diesen Vorteil richtig zu verstehen, müssen wir uns ins Gedächtnis rufen, dass auch ein JPG-Bild als Rohdatenbild vom Sensor kommt. JPG-Bilder werden durch die Kamerasoftware bearbeitet (weitere Bearbeitung kann dann in einer Bildbearbeitungssoftware geschehen). Die Konvertierung der Rohdaten zu einem JPG geschieht innerhalb der Kamera durch einen internen Konverter.
Nun sind aber nicht alle Konverter gleich programmiert. Einige sind besser, andere weniger gut, und das in unterschiedlichen Disziplinen der Konvertierung. Tabelle 4 zeigt, warum das so ist. Der Kameraprozessor ist im Vergleich zu einem hochwertigen Computerprozessor wesentlich weniger leistungsfähig. Der Kameraprozessor wurde mit ganz bestimmten Zielsetzungen entwickelt (z.B. klein, leicht, Strom sparend, wenig Wärme produzierend, preiswert). Ein Computerprozessor wurde meist mit weniger Restriktionen entwickelt (z.B. der Wärmeentwicklung wird durch externe Kühlung begegnet). Somit ist ein Computerprozessor meist sehr viel leistungsfähiger als ein Kameraprozessor. Die Ressourcen des Kameraprozessors sind fest vorgegeben und können nicht verändert werden, die Speicherkapazität ist begrenzt. Ein Computerprozessor lässt sich gegen einen leistungsfähigeren austauschen, ebenso kann der Arbeitsspeicher des Computers schnell und einfach erweitert werden. Der Kameraprozessor muss die Konvertierung in sehr kurzer Zeit durchführe. Wer will schon lange warten müssen, bevor das nächste Bild geschossen werden kann. Ein Computer kann sich hierfür mehr Zeit lassen, er behindert die Aufnahme des nächsten Bildes ja nicht. Daraus folgt, dass ein interner Konverter in der Kamera einfachere Algorithmen verwenden muss. Ein externer Konverter dagegen kann sehr viel komplexere Algorithmen verwenden und so das Maximum aus den Bilddaten herausholen.

Wieder geht der Punkt an die RAW-Datei. Während JPG-Bilder kameraintern konvertiert werden, werden RAW-Dateien mir einem externen Konverter verarbeitet.
Anmerkung: Hierzu gibt es keine Vergleichsbilder, weil man nicht entscheiden könnte, woran die Unterschiede nun liegen: an den Konvertern selbst oder den anderen Maßnahmen während der Konvertierung.
 
7. RAW-Vorteil #6: Keine verlustbehaftete Kompression
Kompression im Sinne unserer Betrachtung im Bezug auf die digitale Fotografie bedeutet die Zusammenfassung oder gar Verwerfung von Daten mit dem Ziel, kleinere Dateien zu erreichen. RAW-Daten werden nicht verlustbehaftet oder sogar gar nicht komprimiert. Also werden auch keine Daten verworfen. Nichts desto trotz sind RAW-Dateien klein genug, um damit relativ komfortabel arbeiten zu können. Raw-Daten werden keiner Bayer-Interpolation unterzogen, um Farbinformationen zu erzeugen. Konsequenter Weise enthalten sie also auch nur einen Kanal. Dieser Kanal repräsentiert die Helligkeiten im Bild (eine Art monochromes Bild also). Da RAW-Dateien eine Tiefe von 12 Bit haben, enthält jedes Pixel einer RAW-Datei 12 Bit Daten.

JPG-Bilder wurden in der Kamera der Bayer-Interpolation unterzogen. Somit besitzen sie drei Kanäle, um die Farbinformationen der Grundfarben zu speichern (jeweils einen Kanal für Rot, Grün und Blau). Weil JPG-Dateien eine Tiefe von 8 Bit haben und es drei Kanäle gibt, besitzt jedes Pixel eines JPG-Bildes 24 Bit an Daten. Man beachte: JPG-Dateien besitzen doppelt so viele Informationen pro Pixel wie RAW-Dateien. Um sie trotzdem kleiner als RAW zu machen, müssen sie komprimiert werden.

Es gibt grundsätzlich zwei Arten der Komprimierung: verlustbehaftet und nicht verlustbehaftet. Die nicht verlustbehaftete hat den Vorteil, dass sie keine Daten verwirft, also bei digitalen Bildern auch nicht die Bildqualität beeinflusst. Der Nachteil ist, dass die Dateien sich dabei nicht so gut komprimieren lassen. Die verlustbehaftete Kompression kann Bilddateien deutlich kleiner machen, allerdings auf Kosten der Bildqualität. JPG nutzt eine verlustbehaftete Komprimierungsmethode. JPG-Dateien können sehr klein gemacht werden, verlieren dabei aber an Bildqualität. Je höher die Kompression gewählt wird, desto schlechter wird die Bildqualität.

Eine JPG-Komprimierung durchläuft verschiedene Schritte, um die Dateigröße zu reduzieren. Zunächst wird das Bild von einem RGB-Farbmodell in ein Luminanz/Chrominanz-Modell umgewandelt (also ein Helligkeitskanal, zwei Farbkanäle). Dann unterteilt der JPG-Komprimierungsalgorithmus das Bild in Blöcke von je 8x8 Pixel (JPG-Blöcke). Zum Schluss werden Farb- und Detail-Informationen verworfen, um die Dateigröße zu reduzieren.

Bei der Kompression betrachtet der Algorithmus jeden JPG-Block einzeln. Das wirft einige Probleme auf. Weil jeder Block einzeln betrachtet wird, werden beieinander liegende Blöcke eventuell unterschiedlich behandelt und komprimiert. Das kann dazu führen, dass direkt nebeneinander liegende gleichartige oder annähernd gleichartige Pixel im Ergebnis völlig unterschiedlich aussehen, nur weil sie in verschiedenen JPG-Blöcken liegen, was zu deutlich sichtbaren Grenzen zwischen den JPG-Blöcken im Bild führen kann. Das bedeutet natürlich auch wieder einen Verlust an Bildqualität.

Wie sichtbar nun diese Grenzen zwischen den JPG-Blöcken werden, liegt am Komprimierungsgrad. Die Bilder 8 bis 12 zeigen die Auswirkung unterschiedlicher Komprimierungsgrade auf ein JPG-Bild. Da JPG-Blöcke relativ klein sind, wurden die Bilder auf 400% vergrößert, um die Blöcke sichtbar zu machen. Die Kompressionsangaben beziehen sich auf die Qualitätseinstellungen im JPG-Speichern-Dialog. 100% bedeutet, dass die geringste Kompressionsstufe gewählt wurde, 10% bedeutet, dass eine sehr starke Kompression angewandt wurde.

bild08.jpg
bild09.jpg

Bild 8 - 100%, Bild 9 - 80%

bild10.jpg
bild11.jpg

Bild 10 - 60%, Bild 11 - 30%

bild12.jpg

Bild 12 - 10%

Bild 8 zeigt, dass bei geringster Kompression die JPG-Blöcke kaum wahrnehmbar sind. In den meisten Bildteilen sind sie gar nicht zu sehen. Entlang von hell/dunkel-Kanten sind sie deutlicher. In Bild 10 bei 60% sind die JPG-Blöcke schon deutlicher sichtbar. In Bild 11 bei 30% können die Blöcke in allen Bildteilen erkannt werden. Bild 12 besteht praktisch nur noch aus JPG-Blöcken.

Bei RAW-Dateien gibt es solche Blockbildung nicht, weil nicht verlustbehaftet oder gar nicht komprimiert wird. Das kommt der Bildqualität natürlich deutlich zu Gute.
 
8. RAW-Vorteil #7: mehrfache Konvertierung
In einem RAW-Konverter kann die Belichtung des Bildes nachträglich verändert werden (üblicher Weise bis zu zwei Stufen in beide Richtungen). Das kann es uns ermöglichen, Details in den Lichtern oder Schatten herauszuarbeiten, die im JPG nicht erreichbar sind. Wir können zwei oder mehr Konvertierungen mit unterschiedlichen Belichtungseinstellungen vornehmen, diese dann in der Bildbearbeitung überlagern, um die Details hervorzubringen. Die Bilder 13 und 14 zeigen dies.

bild13.jpg
bild14.jpg

Bild 13, Bild 14

Die beiden Bilder zeigen Ausschnitte aus einem größeren Bild. Bild 13 zeigt eine Holzwand, die im Schatten liegt. Das endgültige Bild sollte in diesem Schatten Details zeigen. Bei der ersten Konvertierung wurde das Bild so entwickelt, dass das übrige Bild korrekt ist. Das hatte zur Folge, dass im gezeigten Schattenbereich zu wenig Details zu sehen waren. Bild 14 zeigt denselben Ausschnitt, nur dass nun in einer weiteren Konvertierung die Belichtung angehoben wurde. Dies brachte die Details im Schatten zum Vorschein.

So etwas geht in Grenzen auch bei einem JPG-Bild, birgt aber zwei Probleme: die Anwendung einer Tonwertkurve auf das JPG-Bild mag schon unwiederbringlich Details zerstört haben, die auch mir dieser Technik nicht wieder herzustellen sind. Das geht mit keiner Technik. Zum zweiten: Da ein JPG-Bild sehr viel weniger Tonwerte in den Schattenbereichen zur Verfügung hat, kann es hier zu deutlichen Farbabrissen kommen.
 
9. RAW-Vorteil #8: Schärfung
Schärfung digitaler Bilder ist notwendig, um die Aufweichung der Kantenkontraste durch den Farbfilter des Sensors zu kompensieren. Schärfung ist eigentlich der falsche Ausdruck. Es wird lokal der Kontrast im Bild (besonders an Kanten) erhöht, dies interpretiert das menschliche Auge dann als Schärfung.

Eine unter Bildbearbeitern vorherrschende Meinung ist, dass Schärfung einer der letzten Schritte in der Bearbeitung eines Bildes sein soll, weil andere Bearbeitungsschritte das Schärfungsergebnis wieder zunichte machen können. Schärfung arbeitet immer auch verlustbehaftet und zerstört - wenn auch nur minimal - Details, weshalb eine Schärfung nicht mehrfach durchgeführt werden soll (es gibt Ausnahmen, die aber in diesem Artikel nicht behandelt werden sollen).

Für ein RAW-Bild stellt das kein Problem dar, es wird kameraintern nicht geschärft. Wir haben also die volle Kontrolle über den Zeitpunkt der Schärfung des Bildes.

Für ein JPG-Bild ist es aber sehr wohl ein Problem, besonders im Hinblick auf die in der Kamera erfolgte Kompression des Bildes. Wie wir weiter oben festgestellt haben, werden JPG-Bilder komprimiert. Die Kompression erzeugt JPG-Blöcke. Das Problem besteht nun darin, dass eine Schärfung eben auch diese Blöcke schärft und sie dadurch deutlicher sichtbar werden. Deswegen werden JPG-Bilder in der Kamera vor der Kompression geschärft, um eben die Schärfung der JPG-Blöcke zu vermeiden. Eine weitere Bearbeitung eines JPG-Bildes mag aber diese Schärfung teilweise wieder zu zerstören oder abzuschwächen, was eine weitere Schärfung bedingt, um das auszugleichen. Dabei tritt aber wieder das Problem mit den JPG-Blöcken auf. Das alles zusammen wiederum vermindert die Bildqualität weiter.
Dadurch, dass die erstmalige Schärfung eines JPG-Bildes in der Kamera geschieht, ist diese unveränderlich im JPG-Bild. Weitere Schärfungsmaßnahmen oder andere Bearbeitungen in der Bildbearbeitungssoftware werden dadurch im Einsatz eingeschränkt, weil die Gefahr einer Überschärfung besteht.

RAW-Dateien haben diese Nachteile im Hinblick auf Flexibilität bei der Bearbeitung und Bildqualitätseinbußen nicht.
 
10. RAW-Vorteil #9: Flexible Farbraumwahl
Es gibt für uns im Rahmen der digitalen Bildverarbeitung eine große Auswahl an Farbräumen. Die am meisten gebräuchlichen sind sRGB und Adobe RGB. Ein Farbraum besteht aus allen Farben, die dieser Farbraum umfasst. Einige Farbräume sind größer als andere. Zum Beispiel hat Adobe RGB Farben, die in sRGB nicht vorkommen. Ein Kamerasensor hat seinen eigenen Farbraum. Je nach Kamera mag dieser größer sein als Adobe RGB oder sRGB. Früher oder später muss aber der Kamerafarbraum in einen Farbraum umgewandelt werden, mit dem im weiteren Verlauf der Bildbe- und Verarbeitung gearbeitet werden soll. Wir sollten versuchen, bei der Wahl des Farbraumes möglichst genau den Farbraum des beabsichtigten Ausgabegerätes zu treffen. Anderenfalls werden Farbfehler die Folge sein. Farbfehler reduzieren die Bildqualität.

Die Folge einer falschen Farbraumwahl im Hinblick auf die verwendeten Ausgabegeräte sind Farbfehler. Das passiert zum Beispiel, wenn die Kamera sRGB wählt, die Ausgabe aber auf einem Gerät erfolgt, welches einen viel größeren Farbraum unterstützt. Farben, die der Farbraum des Sensors zwar erfassen und das Ausgabegerät ausgeben kann, werden durch den kleinen Farbraum von sRGB aber abgeschnitten und kommen gar nicht beim Ausgabegerät an. Diese fehlenden Farben werden entweder gar nicht oder mit einem angepassten Farbton in den kleineren Farbraum gepresst, was Farbabrisse oder Farbbänder im Bild erzeugen kann. Rundungsfehler bei der Umsetzung verstärken das ganze zusätzlich noch. Wird der Farbraum zu groß gewählt, so wird die begrenzte Anzahl an Tonwerten auf einen Farbbereich verteilt, den das Ausgabegerät gar nicht ausgeben kann. Der zwangsläufig größere Abstand der Tonwerte birgt die Gefahr der Bildung von sichtbaren Farbstufen. Kurz gesagt: Die Umwandlung von einen Farbraum in einen anderen bringt die Gefahr von Qualitätsverlust mit sich. Diese ist umso größer, je mehr sich die Farbräume unterscheiden. Deswegen ist es sinnvoll, den Farbraum so exakt wie möglich zu wählen und die Anzahl der Konvertierungen von einen in einen anderen Farbraum möglichst gering zu halten.

Hier kommt nun ein weiterer Vorteil von RAW ins Spiel. Ein RAW hat keinen zugewiesenen Farbraum. Dieser wird erst bei der Konvertierung festgelegt. Dies bedeutet für uns mehr Flexibilität in der Farbraumwahl. Wir können uns ganz gezielt den Farbraum aussuchen, der für unsere Zwecke am besten passt. Das ist besonders dann von großem Vorteil, wenn verschiedene Ausgabegeräte mit verschiedenen Farbräumen genutzt werden sollen. Für jeden Verwendungszweck und jedes Ausgabegerät kann einfach bei der Konvertierung der jeweils am besten passende Farbraum gewählt werden.

Im Falle eines JPG-Bildes wird der zu verwendende Farbraum in der Kamera gewählt und in der Datei festgehalten. Wollen wir im weiteren Verlauf der Bearbeitung den Farbraum ändern, so ist das nur oft nur mit Qualitätsverlust zu erreichen. Selbst wenn die Farbraumkonvertierung zum Schluss der Bearbeitung erfolgt, so hat dennoch RAW hier Vorteile, auf Grund der Bittiefe von 8 Bit eines JPGs gegenüber den 12 Bit eines RAWs. Das gilt auch, wenn die Software intern zur Konvertierung das 8 Bit JPG in 12 Bit wandelt und nach der Farbraumkonvertierung zurück auf 8 Bit geht. Diese interne Verarbeitung arbeitet besser, ja, aber trotz allem nicht so gut wie eine direkt durchgängige 12 Bit-Verarbeitung.

Vielleicht mögen in der Zukunft auch andere, neue Farbräume definiert werden, die besser zu bestimmten Ausgabezielen passen. Mit RAW haben wir die besseren Möglichkeiten, diese auch nutzen zu können.
 
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11. Fehler summieren sich
Einzeln betrachtet mögen sich die jeweiligen Nachteile nicht unbedingt sichtbar im Bild auswirken, so dass wir sie durchaus vernachlässigen könnten. Deshalb ist es auch schwer, die einzelnen Gebiete gesondert zu betrachten und gezielt zu veranschaulichen. Ungeachtet dessen werden JPG-Bilder aber einer ganzen Reihe von Maßnahmen unterzogen, die jeweils für sich eine gewisse Verminderung der Bildqualität nach sich ziehen. Diese Nachteile summieren sich. Wir können uns das an einem typischen JPG-Arbeitsablauf einmal ansehen. Ein JPG wird in der Kamera unter Verwendung von weniger feinen Algorithmen konvertiert, als externe Konverter zur Verfügung stellen. Das führt zu Detailverlusten. Als nächstes wird das Bild von 12 auf 8 Bit Tiefe reduziert, was zusätzlich Informationen zerstört. Danach wird das JPG verlustbehaftet komprimiert und es werden JPG-Blöcke gebildet, was noch einmal Informationen unwiederbringlich zerstört. In weiterer Folge wird das Bild in der Bildbearbeitung mit 8 Bit Tiefe pro Farbkanal bearbeitet (im Gegensatz zu den 12 Bit/Kanal eines TIFFs aus einer RAW-Datei). Weitere Informationen werden fallen gelassen. Meist benötigt das Bild eine abschließende Schärfung, welche zusätzlich Details zerstört und die JPG-Blöcke betont. Das JPG-Bild wird nach der Bearbeitung natürlich wieder gespeichert. Bei jeder Speicherung wird aber erneut verlustbehaftet komprimiert. Das wäre also schon die zweite Komprimierung (eine in der Kamera, eine nach der Bearbeitung). Dies verstärkt sich mir jeder weiteren Speicherung als JPG.

Im Gegensatz dazu unterliegt ein RAW nicht einer derart massiven Verschlechterung. Wegen der 12 Bit Tiefe der TIFF-Bilddatei wirkt sich die Qualitätsverschlechterung einer Bearbeitung weniger deutlich aus. Natürlich wirkt auch hier Schärfung negativ auf die Bildqualität, im Sinne von Detailverlusten. TIFF-Bilder werden nicht verlustbehaftet oder gar nicht komprimiert, so dass mehrfache Speicherung sich nicht negativ bemerkbar macht. Insgesamt erfahren wir hier weniger Qualitätsverlust im gesamten Ablauf als bei JPG.

Bild 15 und Bild 16 zeigen einen Ausschnitt aus derselben Bilddatei. Beide wurden aus derselben RAW-Datei konvertiert. Bei Bild 15 wurde ein Standard-RAW-Arbeitsablauf angewendet, bei Bild 16 nach der Konvertierung in JPG (höchste Qualitätsstufe) ein Standard-JPG-Ablauf. Die Bilder wurden so bearbeitet, dass sie annähernd gleich aussehen.

bild15.jpg
bild16.jpg

Bild 15 - RAW, Bild 16 - JPG

In der hier abgebildeten Größe zeigen sich bezüglich der Bildqualität keine Unterschiede.
Vergrößern wir das Bild, werden sehr wohl Unterschiede deutlich. Bild 17 ist ein 200%-Ausschnitt aus Bild 15. Bild 18 ein solcher 200%-Ausschnitt aus Bild 16. Beide Ausschnitte sind noch ungeschärft.

bild17.jpg
bild18.jpg

Bild 17 - Ausschnitt RAW, Bild 18 - Ausschnitt JPG

Ungeschärft zeigt das RAW auch hier noch keine sehr deutlichen Vorteile gegenüber dem JPG. Schauen wir uns nun aber das Bild einmal nach einer Schärfung an. Beide Bilder wurden mit denselben Parametern geschärft.

bild19.jpg
bild20.jpg

Bild 19 - RAW geschärft, Bild 20 JPG geschärft

Beide Bilder zeigen bei dieser Vergrößerung deutliche Qualitätsverluste, wobei das JPG allerdings sehr viel mehr verloren hat. Das zeigt sich umso mehr, je mehr vergrößert wird. Ein Faktor zur Bestimmung der maximalen Ausgabegröße ist der Schärfungsgrad, mit dem Bilder für eine große Ausgabegröße geschärft werden können. Größere Ausgaben erfordern größere Schärfungsstärken. Konsequenter Weise kommt hierbei also einem RAW mehr Bedeutung zu, als einem JPG, wenn es um große Ausgabegrößen geht.

Wir müssen hier beachten, dass beide Bilder aus derselben RAW-Datei entstanden sind. Das JPG wurde im Konverter erzeugt. Somit ist das hier gezeigte schon das Optimum, weil die qualitätsverschlechternden Eingriffe der Kamerasoftware bei der Erzeugung eines JPGs gar nicht zum Tragen kommen.
 
12. RAW-Nachteil #1: Zeit
Einer der meist genannten Nachteile von RAW ist der Zeitaufwand, der benötigt wird, ein RAW-Bild in ein bearbeitbares Bild zu konvertieren. Das ist zwar technisch richtig, kann aber zu falschen Schlüssen führen. Viele von uns verbringen jede Menge Zeit damit, unsere Bilder zu bearbeiten, das Beste aus ihnen heraus zu holen, es ansprechend zu gestalten und zu präsentieren. Wir tun das, um das Optimum mit dem Bild zu erzielen. Also sollten wir auch die Zeit aufbringen, ein Bild aus einem RAW zu konvertieren. Nicht des RAWs wegen, sondern des optimalen Ergebnisses wegen. Für alle diejenigen, denen es auf schnelle Ergebnisse ankommt, sei die Stapelverarbeitung ans Herz gelegt. Für gleichartige Bilder können gemeinsame Prozessparameter angelegt werden (z.B. Sättigung, Kontrast, Farbraum), um die Bilder dann in einem Rutsch konvertieren zu lassen. Das ist im Grunde nichts anderes, als die Kamera bei der Erzeugung von JPG-Bildern macht. Der Konvertierungsprozess der Bilder im Computer nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch, die wir selbst dann auch sinnvoll anderweitig nutzen können. Nach einem bilderreichen Tag kommen wir vielleicht mit einigen Gigabyte Daten zurück. Wir können die Speicherkarten auf den Computer leeren, die Stapelkonvertierung anwerfen und uns in der Zeit, die der Computer nun beschäftigt ist, z.B. um unsere Ausrüstung kümmern, das Auto entladen, duschen gehen ... was uns immer auch sinnvoll erscheint. So verschwenden wir keine Zeit und haben trotzdem die optimale Ausgangsbasis für unsere Bildbearbeitung. Genau betrachtet kostet RAW-Konvertierung also nicht wirklich viel zusätzliche Zeit.
 
13. RAW-Nachteil #2: Komplexität
Oftmals wird RAW abgelehnt, weil der vermeintlich komplexe und komplizierte RAW-Arbeitsablauf gescheut wird. In Wirklichkeit reicht die Spanne der Komplexität eines RAW-Arbeitsablauf von absolut einfach bis unendlich kompliziert. Es ist unsere Entscheidung, was wir wollen. Wenn wir auf die Schnelle einige allgemeine Bilder (z.B. vom Familienurlaub) erstellen wollen, reicht ein einfacher und schneller Arbeitsablauf. Das geht dann recht gut per Stapelverarbeitung. ohne dass zusätzliche Arbeit damit verbunden ist. Wir können die Bilder so ausgeben lassen, dass sie sogar direkt ohne weitere Verarbeitungsschritte auf unserem Tintenstrahldrucker Zuhause oder von einem Belichtungsdienst ausgegeben werden können. Selbst wenn eine leichte Bearbeitung nötig ist, kann das schnell und einfach erledigt sein.

Wirklich komplexe Arbeitsabläufe kommen dann ins Spiel, wenn wir hochwertige Ergebnisse erzeugen wollen, z.B. für hochwertigen Druck. Das liegt aber in der Natur des optimalen Ergebnisses begründet, nicht im RAW.
 
14. RAW-Nachteil #3: Speicherbedarf
RAW-Dateien beanspruchen mehr Speicherplatz als JPG-Dateien. Daran führt kein Weg vorbei, das ist so. In Zeiten preiswerter Speichermedien ist das aber kein echtes Problem mehr.
 
15. RAW-Nachteil #4: Kompatibilität
Zurzeit verwenden die verschiedenen Kamerahersteller verschiedene RAW-Formate, und das sogar zum Teil sogar noch für unterschiedliche Kameratypen. Die Gefahr, die mancher hier sieht, ist die, dass in ferner Zukunft die RAW-Formate heute aufgenommener Bilder nicht mehr mit den dann zur Verfügung stehenden Mitteln gelesen werden können. Diese Gefahr besteht in der Tat, und wir müssen uns fragen, ob wir bereit sind, dieses Risiko auf uns zu nehmen. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass bei der riesigen Menge an RAW-Dateien, die heute auf den Speichermedien der Fotografen lagern, sich sicher jemand findet, der sich dieses Problems annimmt, Zumal sich mit einer solchen Software sicherlich auch was verdienen lässt ;). Adobe ist mit dem übergreifenden und zurzeit kostenlosen RAW-Format "dng" ja schon am Anfang eines solchen Weges.
 
16. Brauchen wir RAW?
Nicht jeder braucht RAW. Selbst die, die es nutzen, brauchen es nicht grundsätzlich. Die Frage, ob RAW oder nicht, lässt sich auf 4 Bereiche eingrenzen: Qualität, Größe, Flexibilität und Komplexität.

a) Qualität: Wie wir in diesem Artikel gesehen haben, hat RAW einige Vorteile gegenüber JPG. Daraus folgt, dass je höher der Qualitätsanspruch an das Ergebnis ist, je vorteilhafter ist die Nutzung von RAW. Im Gegenzug: wenn Qualität keine solch große Rolle spielt, mag JPG mehr als ausreichend für unsere Zwecke sein. Also: Bilder für eine Ausstellung würde ich in RAW aufnehmen, Bilder von Onkel Karls Geburtstag in JPG.

b) Größe: Je größer die beabsichtigte Ausgabegröße eines Bildes ist, desto vorteilhafter ist die Nutzung von RAW. Je größer die Ausgabe erfolgt, desto mehr machen sich die Nachteile von JPG bemerkbar. Das stimmt umso mehr, je näher wir mit der Ausgabegröße an die maximal mögliche Ausgabegröße bezogen auf unser Ausgangsmaterial und der beabsichtigten Ausgabequalität kommen. Für kleinere Drucke ist auch JPG oftmals völlig ausreichend.

c) Flexibilität: Da an einer RAW-Datei kameraintern noch so gut wie nichts gemacht wurde, bietet uns RAW ein Maximum an Flexibilität bei der Bearbeitung. Tonwertkurven, Farbraum, Konvertierung in verschiedene Formate, Weißabgleich, Schärfung ... usw. sind noch nicht festgelegt. Es liegt ganz in unserer Hand, was wir damit machen wollen. Je mehr wir selbst Hand an das Bild legen wollen, desto mehr ist also RAW das Format unserer Wahl. Je weniger wir das wollen, desto besser ist JPG geeignet.

d) Komplexität: Komplexität und Flexibilität gehen Hand in Hand. Einige Bilder brauchen vielleicht gar keine großartige Bearbeitung. Andere wiederum müssen heftig bearbeitet werden, weil z.B. die Aufnahmebedingungen sehr schlecht waren, oder weil unser Ziel mit dem Bild ohne große Bearbeitung nicht erreicht werden kann. Dies ist aber unabhängig vom Bildformat. RAW kommt uns nur durch die größere Flexibilität viel mehr entgegen als JPG.
 
17. Fazit
Oft hört man: "Belichte dein Bild direkt bei der Aufnahme richtig, dann brauchst du kein RAW". Wir, liebe Leser, wissen es nun besser und können auf Grund der hier vorgestellten Details selbst entscheiden, wann was für unsere Zwecke besser geeignet ist. ;)
 
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