Ich möchte hier noch ein passendes Zitat anfügen aus der neu erschienenen Informationsschrift von Zeiss:
Wie liest man MTF- Kurven? Teil II von H. H. Nasse (http://www.zeiss.de/C12567A8003B8B6F/EmbedTitelIntern/CLN_31_MTF_de/$File/CLN_MTF_Kurven_2_de.pdf)
"Betrachtungsabstand
Wenn der Monitor auf 32.4 cm Bildhöhe 1200 Bildpunkte besitzt, dann entfallen auf einen Millimeter 3.7 Bildpunkte. Der Monitor hat also ein Auflösungsvermögen von knapp 2 Lp/mm. In der (fast) verlustfreien 100%-Ansicht entspricht das auch der Leistung des Kamerasensors: das Bild mit 76 cm Höhe ist im Vergleich zum 24 mm hohen Bild in der Kamera 31x vergrößert. [Anmerkung: die Berechnung bezieht sich auf einen weiter oben im Artikel erwähnten Sensor im KB-Format 36x24mm und 4248x2832 Pixel] Die durch die Anzahl der Pixel festgelegte Auflösungsgrenze des Sensors (Nyquist) liegt knapp unter 60 Lp/mm. Nach 31facher Vergrößerung entspricht das also auch knapp 2 Lp/mm.
Wenn man das Monitorbild aus 50 cm Entfernung betrachtet, hat das Auge in dieser Entfernung ein maximales Auflösungsvermögen von ca. 4 Lp/mm. Es ist also einfach ausgedrückt doppelt so gut wie das Monitorbild. Deshalb können uns Bilder in der 100%-Ansicht niemals perfekt scharf erscheinen. Sowohl die begrenzte Leistung des Monitors als auch die für den geringen Betrachtungsabstand riesige Vergrößerung des Bildes sorgen für eine gewisse Weichheit. Die Betrachtung einer 100%-Ansicht aus 50 cm Entfernung ist ein sehr kritischer Blick auf das Bild. Für eine etwas realistischere Beurteilung kann man z.B. die Betrachtungsentfernung verdoppeln."
Gruß, Jürgen
Da mittlerweile einige Wochen vergangen sind, habe ich diesen Post des TO noch mal hervorgekramt und
habe den Link selbst noch mal gelesen!
Es gibt ja immernoch user, die denken, dass die 100% Ansicht am Monitor scharf sein muss. Der Kollege Nasse von Zeiss, einer gewissermassen anerkannten Firma für optische Geräte
, leitet im obigen lesenswerten Link die Grundlagen her, warum uns dieser Wunsch unerfüllt bleibt. Das ist weder böser Wille von der Firma C oder des TO. Sondern es hängt mit der Auflösung der Datei am Monitor (2lph) und der Auflösung unserer Augen aus ca. 50cm (4lph) zusammen. Unser Empfinden, dass etwas scharf ist, ist nach dieser Überlegung immer nur nah dran am "Scharfen". Mal mehr und mal weniger.
Lösung für mehr Schärfe(eindruck): weiter weg gehen!
Das ist die Empfehlung von Herrn Nasse (Zeiss).
Wenn nun user im Gegensatz dazu näher ran gehen wollen, dann kann ich sie davon nicht abhalten, aber die Enttäuschung ist technisch bedingt.
Ich denke, der Hase liegt im Begriff
100%-Ansicht begraben. Diese Ansicht ist nicht absolut, sondern relativ. Ein 100%-Ausschnitt aus einer
5d-Datei entspricht dabei einer
32-fachen Vergrößerung. Ein gleich großer Monitorausschnitt aus der
50d entspricht allerdings einer
57-fachen Vergrößerung. Wie würden 5d-Besitzer reagieren, wenn ein Neuling einen 200% crop zeigt, und alles "unscharf" nennt? Würde man ihm sagen, dass er nur bis 100% zoomen soll? Warum fällt uns das gleiche Problem nicht auf, wenn eine 32-fache Vergrößerung "pixelscharf" genannt wird und eine 57-fache Vergrößerung "verrauscht"?
Ende der Aussage: 100% am Monitor ist nur eine Annährung!
Um einen schärferen Eindruck zu bekommen, sollte man einfach die Distanz erhöhen!
***
Fakultativ die Illustration aus dem Leben...
Woher beziehen wir nun unsere Erkenntnis, was scharf ist?
Der eine oder andere denkt: "Na, das sehe ich doch!"
Aber so einfach ist es nicht!
Ich nehme mal einen Beispieluser "Otto" (um nicht Kurt oder Hans zu nehmen
). Otto hat ein paar Freunde, u.a. Karl, der sich gern mit Otto über Bildqualität, insbesondere Rauschen streitet. Beide haben High-End-Cams!
Otto pocht darauf, dass das Bild seiner neuen Cam am Monitor, im 100%-Ausschnitt und im Print "scharf" ist. Bis zu dieser Stelle bin ich selbst quasi der Otto!
Wer hätte das nicht gern.
Nun gehen wir ins Detail: Otto meint natürlich, dass sein Ausdruck in 80*60 scharf ist. Bei seiner D700 (5dII, 1dIII...) ist das auch keine Kunst, wie Otto stolz überall verkündet. Denn er hätte sie nicht eben ohne Grund gekauft. Sie sei die schärfste Cam am Markt und auch bei 100%-Ansicht scharf! Was Karl schon ein wenig aufregt, denn er habe ja bei der Konkurrenz ein Model gekauft, was viel besser sein soll.
Otto lädt wieder mal ein: nun kommen seine Gäste und alle beugen sich gespannt über Ottos Ausdruck. Super Bild! Alle freuen sich. Otto reicht nun stolz ein paar Lupen herum, die eine 8-fache Vergrößerung haben. Selbst mit Lupe sehen die Gäste eine tolle Qualität.
Karl, er hat eine Sony und ausserdem eine 20-fach Lupe, sagt zu Otto: "Du, ich sehe aber Rauschen!" Otto behauptet, keines zu sehen und nimmt verärgert die größere Lupe wahr. Daraufhin nimmt der Karl sein mitgebrachtes Mikroskop und legt das Bild ein. Die staunenden Gäste erfahren, dass Karl seine Bilder immer im Mikroskop ansieht. Sie wundern sich, doch Karl erklärt, dass er am Mikroskoskop alle Unterschiede sehen würde, während an der Wand selbst Flaschenböden ansehnlich aussehen können. Kurt hat neue Zeiss-Objektive und daher will er allen Gästen zeigen, wieviel besser diese Teile sind. Alle dürfen durch das Mikroskop sehen, wo sie ein paar Milben und ein dickes Haar erkennen. Das Bild selbst sehen sie natürlich nicht, sondern nur eine senkrechte Reihe schwarzer Pixel auf hellem Grund (eine Häuserkante). Alle Pixel wirken irgendwie sehr grob und so richtig scharf ist hier nix. Halt treppenförmig wie ein altes Bitmap.
Einige von Euch werden nun einwenden, dass es hier nicht immer nur um Print ginge und man die Bilder fast nur noch am Monitor ansehen würde. Und hier wolle man eben 100%-Schärfe!
So denkt auch Otto und lädt Karl ein, das Bild am Monitor zu bestaunen. Während alle Gäste applaudieren, will Kurt es natürlich wieder genauer wissen. Er geht mit der Nasenspitze bis an das Display. Weil er noch keine Mängel erkennt, zoomt er in das Bild hinein, um es in 200% (400%, 800%..) zu betrachten. Otto ahnt, was kommt und versucht, Karl davon abzubringen. "Es macht doch gar keinen Sinn, das Bild auf 200% zu vergrößern, das mache ich nie!"
Karl grinst und sagt: "Du, schau, ich sehe hier bereits kleine Klötzchen und der Himmel ist nicht mehr glatt blau, sondern rauscht ziemlich dolle! Ich sehe mir meine Bilder immer in 200% an, weil ich dann schön erkennen kann, wie gut meine Zeiss-Schätzchen abbilden."
Otto meint, dass 200%-Betrachtungen unfair und praxisfern wären, aber die Gäste finden das Bild nun auch nicht mehr perfekt. Otto hat wohl doch die falsche Cam gekauft!
***
Nun, wo hat es Euch gezwickt? Wolltet Ihr "Halt!" rufen, als Karl die 200%-Ansicht nutzen wollte? Unfug?
Ich weiß es nicht. Aber wo steht geschrieben, dass man 100%-Ansichten benutzen soll. Gewohnheit? Es könnte doch jemand sagen, dass erst bei 200% die Unterschiede sichtbar würden, oder eben bei 400%!?
100% ist eine zufällige Größe und eine Gewohnheit. Sie bezeichntet meines Erachtens den Wunsch, ein Bild in voller Größe (1:1) ansehen zu wollen. Wenn das Bild in 1:1 z.B. 60*40 groß und damit kaum größer als der Monitor (ca. 45*30) ist, ist das auch völlig o.k. Aber was ist, wenn das digitale Bild in 1:1 etwa 6m*4m groß ist?
Bild eins füllt allso meinen Monitor vollständig aus, wenn es skaliert ist (auf 1650*1080 z.B.). Um aber wirklich alle Pixel 1:1 sehen zu können, stelle ich auf Ansicht "Originalbild" und schon sehe ich nur einen Teil (80%) des Bildes und ich kann es in meinem Monitor mit der Maus so verschieben, dass ich alle Ecken und Kanten sehen kann. Aber nie das Gesamtbild. Dafür muss ich zur Vollansicht zurückkehren.
Nun rufen wir Bild 2 auf den Schirm. Ein tolles Foto in Vollbild. Wir wollen jetzt aber aus dem Monster-Bild einen 1:1 Ausschnitt ansehen, wo 1 Pixel im Bild mit einem Pixel am Monitor übereinstimmt. Und: wir wollen partout dazu nicht unsere Sitzposition vor der Glotze aufgeben. Das Bild soll halt "gut" daherkommen, zurückweichen tun wir nicht, das wäre ja noch schöner!
Wer mal "Matrix-Teil III" aus der ersten Reihe gesehen hat, weiß, dass Sehen und Wahrnehmen auch eine Funktion des Abstandes ist. Ich konnte die Leinwand nicht überschauen, so groß war die und am Ende schmerzten Augen und Hirn, weil Action, Kontrast, Bildwinkel usw. nicht zu meiner Vorstellung passten. Die Zuschauer hinten müssen jedenfalls einen "geilen" Film gesehen haben.
Das Ansehen eines Crops aus der 50d entspricht in etwa diesem Versuch: ich möchte aus 5m auf die Kinoleinwand schauen und die Auflösung möge auch aus dieser Entfernung "scharf" sein. Der Betreiber wird mir erklären, dass es keinen Sinn macht, so nah vor einer riesigen Leinwand zu sitzen.
Otto lernt aus dieser Geschichte folgendes:
Wenn wir das nächste mal ein Plakat ansehen, haben die anderen
gleich große Plakate dabei! Dann können wir gern auch mit der Lupe schauen, aber wir nutzen alle die
gleiche Vergrößerung!
Wegen der Rauschvorwürfe ärgert sich Otto und sagt sich, dass man alle Plakate schon aus dem
gleichen Abstand anschauen müsse. Karl ist unfair, wenn er die Dinger aus 10cm nach Mängeln absucht, während alle anderen einen Meter Abstand halten.
Wenn Ihr bis hier gelesen habt (Danke!) und Euch wundert, was Otto denn da fordert, das sei doch längst klar, dann ist alles in Ordnung.
Wenn ich Qualitäten von Kameras vergleichen will, dann sollten die Testkandidaten gleichen Bedingungen unterworfen sein:
- gleichgroße Prints (z.B. 80*60) oder Monitoransichten (z.B. 1920*1080)
- gleicher Abstand bei der Betrachtung (z.B. 50cm)
- Vergrößerungsmaßstab ebenfalls gleich (Lupe, Digitalzoom)
Gerade der letzte Punkt erscheint uns logisch, aber irgendwie fällt es uns schwer, ihn zu befolgen. In der Analogwelt mit der Lupe würden wir schimpfen wie die Rohrspatzen, wenn der Karl mit seiner doppelt so starken Lupe über unsere Bilder kreist und lauter Artefakte sieht, die man sonst nicht sehen würde. Im digitalen wird zwar keine Lupe ausgegeben, aber wir gehen digital in die verschiedensten Dateien unterschiedlich tief rein (Digitalzoom). Wenn ich also den Betrachtungsabstand zum Monitor und den Monitor gleich lasse, dann sollte ich nicht Dateien mit unterschiedlicher Vergrößerungsstufe vergleichen (5d: 32-fach, 50d: 57-fach). Oder ich vergleiche die Crops unterschiedlicher Zoomstufen, dann sollte man den Betrachtungsabstand anpassen!
Die scheinbar "faire und für alle gleiche 100%-Ansicht" ist wegen unterschiedlicher Vergrößerung und einem nicht normierten Betrachtungsabstand eine sehr kritische Option eines EDV-Programms. Sie führt gerade bei Anfängern zur Frustration, weil sie die wahre Dimension der Datei (128*85 bei der 50d) nicht vor Augen haben.
Ich werde weiterhin 100%-Crops aus gewohntem Abstand ansehen. Nur meine Schlussfolgerungen werden andere sein...